Spielen ist ein menschliches Bedürfnis und eine wichtige Art des Lernens. Dabei ist es unerheblich, ob online oder am Tisch gespielt wird, ob ein Karten-, Brett- oder Glücksspiel, ob zur Geschicklichkeit oder einfach zum Zeitvertreib.
Sucht beginnt da, wo Menschen nicht mehr aufhören können zu spielen. Die Suchtspirale beginnt. Ab drei Stunden pro Tag (bzw. Nacht) wird es problematisch; eine genaue Grenze gibt es jedoch nicht. Wenn schon der Gedanke daran, einen oder mehrere Tage nicht zu spielen, Unwohlsein, Anspannung oder Gereiztheit auslöst, dann ist man mittendrin.
Spielsucht äußert sich nicht nur bei Computerspielen. Auch Smartphones, Tablets und Spielekonsolen bieten fruchtbaren Boden.
Spielsucht ist eine nichtstoffliche Sucht. Das ist ein entscheidender Unterschied beispielsweise zur Sucht nach Alkohol, Kokain oder THC. Bei Spielsucht wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert. Das Gehirn reagiert mit der Ausschüttung von Dopamin, Serotonin und weiteren sogenannten Glückshormonen. Hierbei handelt es sich um körpereigene Drogen.
Das Belohnungszentrum gewöhnt sich an die starken Reaktionen auf bestimmte Reize. Bei anderen Anlässen werden kaum noch Glücksgefühle ausgelöst.
Eine deutliche Begleiterscheinung von Spielsucht ist Müdigkeit. Es gelingt abends nicht mehr, die Online-Spiele zu beenden. Dieser Kontrollverlust ist für die Betroffenen das erste Anzeichen. Er hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.
Sucht beginnt aber auch da, wo das Spiel zum Ersatz wird – zum Ersatz für die Auseinandersetzung mit eigenen Herausforderungen, Alltagsfragen und sozialen Beziehungen. Entspannung wird dann nur noch in Verbindung mit dem Spielen erlebt. Gibt es über längere Zeit keine Möglichkeit des Spielens, entstehen Nervosität, Gereiztheit und Konzentrationsschwäche. Die Konzentration im Spiel wird nur durch permanente "Belohnungen" des Gehirns aufrechterhalten.
Weitere mögliche Anzeichen für eine Spielsucht sind:
Psyche:
Körper:
Sozialverhalten:
Bei Glücksspielsucht drohen zudem finanzielle Schwierigkeiten (kein Geld mehr für Fahrkarte oder Miete vorhanden), Verschuldung und riskante Geldbeschaffung.
Häufige Ursachen für die Sucht sind ein geringes Selbstbewusstsein, eine "Broken-Home-Situation" sowie Angst vor Versagen. Auch Gewalterfahrungen oder soziale Konflikte (Stichwort Mobbing) können mit Auslöser sein.
Die Symptome bei den jungen Menschen entsprechen denen der Abhängigkeitserkrankungen durch Alkohol und andere Suchtstoffe. Mediziner sehen eine Verbindung zu weiteren psychischen Störungen. Sitzt jemand ständig allein vor dem Computer, kann das zum Beispiel mit einer Angststörung gekoppelt sein. Sie macht es der betroffenen Person schwer, auf andere Menschen zuzugehen. Oder es liegen schizophrene Anteile vor. Und wer beim Online-Rollenspiel den "starken Max" macht, markiert ihn vielleicht auch im Anleitungsgespräch. Hinweise auf verstärkte Gewaltäußerungen durch Spielsucht gibt es kaum. Viel häufiger ist ein emotionales Abstumpfen zu beobachten.
Spielsucht lässt sich lange verheimlichen. Denn Schlafmangel und Unkonzentriertheit können viele Ursachen haben. Zudem gibt es keine strafrechtliche Komponente wie bei illegalen Drogen. In Verbindung mit weiteren äußeren Anzeichen (häufiges Zuspätkommen, Übermüdungserscheinungen bereits am Morgen, gerötete Augen) verdichten sich aber die Anzeichen.
Als Ausbilder entwickeln Sie sicher ein gutes Gespür dafür, welches Verhalten angemessen ist und welches nicht. Sie erleben Azubis in verschiedenen Phasen:
1. Anfangsphase:
Spielen ist toll
2. Konstitutionsphase:
Steigerung des Verlangens, häufigeres Denken an das Suchtmittel.
3. Kritische Phase:
Kontrollverlust, Versuche von Abstinenz gemischt mit Rückfällen, Entzugserscheinungen, Kontrollverlust, gedanklich stark mit dem Spiel beschäftigt.
4. Sozialdruck-Phase:
Freunde und Verwandte reagieren ungewohnt – im direkten Kontakt enttäuscht oder ablehnend, nach außen hin stabilisierend und beschwichtigend.
5. Chronische Phase:
Die betroffene Person richtet sich im Suchtverhalten ein ("Ich bin halt so.").
Spielsucht ist eine Sucht. Jede Sucht hat eine Dynamik, die Außenstehende mit hineinzieht. Es geht sehr schnell, dass bestimmte Verhaltensweisen auf Freunde, Verwandte und andere nahestehende Personen "abfärben". So können Eltern beispielsweise das Verhalten ihres Sohnes / ihrer Tochter bagatellisieren ("Ach, er/sie spielt doch nur wenig und auch nur anständige Spiele!"), Berufsschullehrer/-innen verstecken es ("Das wäre mir doch aufgefallen!") und Freunde rechtfertigen die Sucht ("Jeder kann doch seine Freizeit so verbringen, wie er will!"). Die Begründungen hören sich stets nachvollziehbar an.
Einige Faustregeln:
Der Verein "Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht" bietet ausführliche Infos auch für Arbeitgeber und Eltern: www.onlinesucht.de
Das Portal Spielsucht-Therapie.de bietet neben Informationen und Übersichten über Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen auch einen Online-Selbsttest: www.spielsucht-therapie.de
Die Stiftung Medien- und Onlinesucht bietet neben aktuellen Informationen unter dem Menüpunkt "Kontakt" auch eine Adressliste mit Beratungsstelle in ganz Deutschland: www.stiftung-medienundonlinesucht.de
Kostenlose telefonische und Online-Beratung für Betroffene und Angehörige: http://www.verspiel-nicht-dein-leben.de/spielsucht/was-ist-spielsucht.html sowie unter 0800 077 66 11
Kostenloses Info-Telefon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): 0800 137 27 00
Die Arbeitsgruppe Spielsucht an der Charité Berlin informiert und berät unter:
https://ag-spielsucht.charite.de