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Vielfalt konstruktiv nutzen

  • Was ist Vielfalt und wie kann sie in Ihrem Betrieb gestaltet werden?

    Wussten Sie, dass Ihre Kollegen, Kolleginnen und Auszubildenden bereits ein vielfältiges Team sind? Bei Ihnen arbeiten bestimmt Männer und Frauen, Junge und Alte, große und kleine Menschen, gesunde und eventuell Beeinträchtigte, Mütter, Väter oder Singles. Dies sind nur einige Merkmale einer Belegschaft, die sich durch Vielfältigkeit auszeichnet. Es sind viele Persönlichkeiten, individuelle Lebensgeschichten und verschiedene Charaktere, die in vielfältiger Weise zusammenarbeiten. Mit der Integration von jungen Flüchtlingen wird Ihr Betrieb nur noch ein bisschen bunter.

    "Vielfalt gestalten" meint das Wahrnehmen und Anerkennen von Vielfalt und Verschiedenheit sowie den Umgang miteinander und mit verschiedenen Lebenshintergründen und Lebensweisen - ohne dass es zu pauschalisierten Stereotypisierungen und Zuschreibungen kommt.

    Vielfalt können Sie gestalten, indem Sie in Ihrem Betrieb Raum schaffen, in dem alle Beteiligten

    • sich gegenseitig respektieren,
    • sich wohl und sicher fühlen,
    • ihre Potenziale einbringen können,
    • sich mit dem Profil des Betriebs identifizieren können,
    • Verantwortung für den (Ausbildungs-)Betrieb übernehmen wollen,
    • zu einem Klima gelebter Gleichberechtigung beitragen und
    • Konflikten ohne diskriminierendes Verhalten, Stereotypisierung und pauschale Zuschreibung begegnen.
  • Welchen Nutzen bringt Vielfalt für mich und meinen Betrieb?

    In Zeiten von Fachkräftemangel und einer älter werdenden Bevölkerung in Deutschland wird sich die Integration von Flüchtlingen positiv für die Unternehmen auswirken. Bei den Geflüchteten bestätigte eine repräsentativen Umfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine hohe Motivation bezüglich Arbeiten und Lernen (BAMF-Kurzanalyse 01/2016). Mit der Ausbildung junger geflüchteter Menschen können Sie ganz grundlegend den Fachkräftebedarf der Zukunft sichern oder indirekte Entwicklungshilfe für die Heimatländer leisten. Sie übernehmen somit gesellschaftliche Verantwortung.

    Kulturelle Vielfalt, häufig auch mit dem englischen Begriff Diversity beschrieben, kann die Kreativität und Innovationskraft im Betrieb steigern. Auch im Bereich der Ausbildung sind kreative Köpfe eine Bereicherung der Belegschaft.Potenziale lassen sich so besser ausschöpfen und schließlich verringert ein positives Betriebsklima auch die Fluktuation.

    Über die Einstellung und Ausbildung von Geflüchteten erfährt auch die Stammbelegschaft - sofern Sie in den Prozess mit eingebunden ist - Offenheit für neue Kulturen oder Sprachen. Diese Offenheit macht Sie zu einem attraktiven Ausbildungsbetrieb und ist somit besonders zukunftsfähig. Ein weiterer betrieblicher Nutzen durch (neue) Sprachen können Kontakte in den Herkunftsländern und so auch eine Chance für neue künftige Märkte sein.

    Mitarbeiter/-innen der Stammbelegschaft können von Anfang an aktiv und im Dialog in den Integrationsprozess eingebunden werden, etwa durch Patenschaften oder Teamcoaching. Sie erfahren so eine positive Personalentwicklung und Sozialkompetenz.

  • Willkommenskultur fördern

    Damit Sie Vielfalt in Ihrem Betrieb konstruktiv nutzen können, bedarf es einiger unterstützender Rahmenbedingungen. An erster Stelle steht der Aufbau einer Willkommenskultur. Dazu können Sie verschiedene Elemente miteinander verbinden und auf Ihre betriebsspezifischen Gegebenheiten ausrichten.

    So können Sie Stellenausschreibungen interkulturell und offen für Geflüchtete gestalten. Junge Menschen, die erst kürzlich nach Deutschland gekommen sind, sprechen vielleicht noch nicht so gut Deutsch und wissen auch nicht, dass sie nicht die gleiche Schulbildung haben wie wir in Deutschland. Sie trauen sich oft nicht, sich direkt zu bewerben. Zeigen Sie offensiv, dass Sie auch geflüchteten Menschen eine Chance geben. Das fördert den Mut und die Motivation von Flüchtlingen, sich auf offene Stellen zu bewerben.

    Bieten Sie für alle (neuen) Mitarbeitenden und Auszubildenden ein "Willkommenspaket" an, mit Informationen zu den betrieblichen, aber auch regionalen Angeboten - aber auch mit ihren spezifischen Leitlinien und Umgangsregeln, wie Toleranz im Miteinander, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Respekt gegenüber Vorgesetzten, Pünktlichkeit und Regeln bei Krankheit usw.

    Sie können auch ein (interkulturelles) Mentoring bzw. Patenschaften für das erste Ausbildungsjahr oder das erste Jahr der Einstiegsqualifizierung ermöglichen. Dies fördert in hohem Maß die Integration in den Betrieb aufseiten der Mentees, aber auch die Sozialkompetenz der Stammbelegschaft aufseiten der Mentoren.

    Machen Sie Vielfalt in Ihrem Unternehmen sichtbar, zum Beispiel mit einer großen Weltkarte, wo jeder Mitarbeiter seine Herkunft markieren kann. Sie werden überrascht sein! Oder mit einem jährlichen interkulturellen Buffet für und von allen Mitarbeiter/-innen - auch hier werden Sie sicherlich über die Vielfalt in Ihrer Belegschaft staunen. Oder mit einem interkulturellen Vielfaltskalender, den Sie im Personalraum oder in der Werkstatt aufhängen können. Neben wichtigen christlichen, jüdischen, hinduistischen, islamischen, buddhistischen und bahá‘istischen Feiertagen enthält der Kalender der "Charta der Vielfalt" auch zahlreiche säkulare Tage und Termine, wie beispielsweise den Karneval der Kulturen in Berlin oder den Tag des Flüchtlings.

    Durch Unterstützung zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder bei spezifischem Förderbedarf (Sprachkurse, ausbildungsbegleitende Hilfen, assistierte Ausbildung) erleichtern Sie den jungen Menschen, Fuß in unserer Gesellschaft zu fassen. Als Ausbilder/-in erhalten Sie von Ihrer Kammer Unterstützung etwa durch Willkommenslotsen oder Integrationsberater/-innen.

  • Interkulturelle Kompetenzen im Betrieb

    In einem weiteren Schritt können Sie sich und Ihre Kollegen und Kolleginnen mit  interkulturellen Trainings auf die vielfältigen Besonderheiten gerade bei der Integration von geflüchteten Menschen vorbereiten. In solchen Trainings werden Themen wie Umgang mit kulturellen Unterschieden, Sprache, Kommunikation bei Konflikten, aber auch die eigene "kulturelle Brille" behandelt. Informieren Sie sich bei Ihrer Kammer oder zum Beispiel beim Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" (IQ) über Schulungsangebote in Ihrer Nähe.

  • Raum für Kultur und Religion schaffen

    In gemeinsamen Gesprächen mit Ihren Kollegen und Kolleginnen, aber auch mit Ihren künftigen Auszubildenden können Sie Raum für kulturelle oder religiöse Bedürfnisse schaffen. Fragen Sie die Personen, was Sie brauchen, und entscheiden Sie dann, was Sie ermöglichen können. In einer offenen Atmosphäre lassen sich viele Unklarheiten ansprechen und gemeinsam Lösungen finden.

  • Zeit nehmen und Zeit geben

    Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche und für Reflexion der eigenen Bedürfnisse. So werden Sie sich auch der eigenen "kulturellen Brille" bewusst (Wie sehe ich die anderen? Wie will ich gesehen werden? Was ist typisch deutsch? Was erwarte ich deshalb von einem Auszubildenden einer anderen Kultur?).

    Geben Sie aber auch den jungen Menschen, die wahrscheinlich in ganz anderen kulturellen Gesetzmäßigkeiten aufgewachsen sind, die Zeit, unsere Kultur und Regeln kennenzulernen. Sprechen Sie über Ihre Erwartungen (zum Beispiel über Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder Verhalten bei Krankheit) und wiederholen Sie diese Erwartungen immer wieder aufs Neue. Nur so können sich diese neuen Muster und Regeln bei den Flüchtlingen verankern.

  • Bewusstsein für (leichte) Sprache schaffen

    Sie können die Integration in den Betrieb durch die Verwendung leichter Sprache erleichtern. Dazu gehört zum Beispiel, dass Sie Ihre betrieblichen Leitlinien, Regeln, aber auch Sicherheitsanweisungenin einfachen, verständlichen Sätzen formulieren und für jeden sichtbar aushängen.

    Vieles lässt sich am Anfang mit Piktogrammen, also einfachen Symbolbildern erklären, die am jeweiligen Ort aufgehängt werden. Das gilt etwa für Sicherheitsanweisungen, aber auch für Hinweise zur Toilette, der Küche usw.

    Auch den berufsspezifischen Spracherwerb können Sie unterstützen, indem Sie jungen Flüchtlingen zum Beispiel ein kleines Notizheft zur Verfügung stellen. Hier können sie sich bei den einzelnen Arbeitsschritten Notizen machen und neue Vokabeln notieren. Geben Sie ihnen die Zeit dafür. Sie können auch Gegenstände, Maschinen oder Werkzeuge mit ihrem Namen markieren (Haftzettel sind dabei sehr hilfreich).

    Sprechen Sie langsam und deutlich. Auch wenn Flüchtlinge erste Deutschkurse absolviert haben, können sie nicht gleich jeden Dialekt verstehen. Geben Sie auch nicht mehrere Anweisungen in einem Satz. Häufig wird dann nur die letzte Anweisung verstanden und ausgeführt. Das kann ungewollt zu Unzufriedenheit Ihrerseits führen.

  • Hier finde ich Hilfe: Informationen, externe Unterstützungs- und Beratungsangebote:

    Die "Charta der Vielfalt" ist eine Unternehmensinitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Auf der Website finden sich auch einige Best-Practice-Beispiele für Vielfalt und Diversity in Betrieben: www.charta-der-vielfalt.de/unterzeichner/best-practice.html. Den "Vielfalt-Kalender" für 2017 gibt es hier zum Download: www.charta-der-vielfalt.de/service/publikationen.html.

    Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) für kleine und mittlere Unternehmen informiert ausführlich über die Chancen, die Diversity Management bietet, und gibt Tipps zur Vorgehensweise: www.kofa.de/handlungsempfehlungen/unternehmen-positionieren/diversity-management. In der Handlungsempfehlung "Willkommenskultur im Unternehmen" findet sich auch eine Checkliste: www.kofa.de/handlungsempfehlungen/unternehmen-positionieren/willkommenskultur.

    Das Netzwerk "Integration durch Qualifizierung" (IQ) bietet auf seiner Website Tipps für die Praxis und Publikationen zum Download: www.netzwerk-iq.de/vielfalt-gestalten.html

    Die BAMF-Kurzanalyse 01/2016 zur Qualifikationsstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Zukunftsorientierung von Flüchtlingen kann auf der Website des BAMF heruntergeladen werden: www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Kurzanalysen/kurzanalyse1_qualifikationsstruktur_asylberechtigte.html

    Der YouTube-Kanal "IntercultureTV" informiert in einem Film über interkulturelles Mentoring: www.youtube.com/watch?v=fG_Im0lqgLM

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