Das Gefühl, willkommen zu sein, ist nicht nur im privaten Umfeld schön – auch in der Arbeitswelt bildet es die Basis für ein erfolgreiches Miteinander zwischen Unternehmen und Belegschaft.
Viele Unternehmen suchen schon jetzt händeringend Auszubildende. Besonders in Berufen, die nicht im Trend liegen, ist die Suche oftmals mühsam oder bleibt erfolglos. Aufgrund des demografischen Wandels wird sich die Ausbildungssituation in den nächsten Jahren noch verschärfen. Umso mehr Bedeutung gewinnen jegliche Möglichkeiten, mit Jugendlichen in Kontakt zu treten und sie für das eigene Unternehmen und einen bestimmten Ausbildungsberuf zu begeistern. Kooperationen mit Schulen, Ausbildungsmessen, "Speed-Datings" bei Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Arbeitsagenturen, Ausbildungsbotschafter, soziale Netzwerke und Schülerpraktika sind nur einige Beispiele.
Um mittel- und langfristig den Fachkräftebedarf in den Betrieben zu decken, wird es immer wichtiger, auch Zielgruppen anzusprechen, an die Sie früher bei der Rekrutierung vielleicht nicht gedacht haben, aber die durchaus geeignet für Ihren Ausbildungsberuf sein können. Dies können Menschen mit körperlichen Behinderungen sein, Jugendliche mit Lernschwächen oder aber auch junge Menschen, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben als Sie.
Viele Jugendliche wachsen heutzutage nicht mehr in einem behüteten Elternhaus auf. Wenn zu privaten auch noch schulische Probleme hinzukommen, haben junge Menschen häufig außerhalb ihrer Clique keinen Ort mehr, an dem sie sich angenommen fühlen. Eine betriebliche Ausbildung bietet da eine wichtige Chance für einen Neuanfang.
Der Eintritt in die Arbeitswelt mit all den ungewohnten Abläufen und Anforderungen bedeutet für die jungen Menschen zugleich aber auch eine große Veränderung, während der sie auf Ihre Unterstützung und Begleitung besonders angewiesen sind. Chance wie Herausforderung für Ausbildungs- und Praktikumsbetriebe ist es, einen solchen "Wohlfühlort" und eine neue Art von Heimat zu bieten.
Allgemein ist das Gefühl des "Dazugehörens" für die innere Bereitschaft sich zu engagieren von hoher Bedeutung. Es ist auch Voraussetzung für die Identifikation mit den Anforderungen, die durch die Ausbilder/-innen an die Auszubildenden herangetragen werden. Jugendliche brauchen das Gefühl, in Ihrem Betrieb willkommen zu sein und als Teammitglied ernst genommen zu werden.
Eine gelebte Willkommenskultur trägt dazu bei, dass
Schon mit dem ersten Kontakt zwischen dem Praktikums- oder Ausbildungsbetrieb und den Jugendlichen beginnt die Willkommenskultur.
Gerade für junge Menschen mit wenig Selbstvertrauen ist es schon ein großer Schritt, in einem Betrieb anzurufen und nach einem Praktikums- oder Ausbildungsplatz zu fragen. Wenn Sie oder das Ausbildungspersonal, das häufigen Telefonkontakt hat, vom ersten Moment an zu verstehen geben, dass der Anruf nicht lästig, sondern "willkommen" ist, wird schnell die Nervosität abgebaut und ein gutes Gefühl entsteht. Übrigens: Telefonieren mit einem "Lächeln in der Stimme" ist lernbar – scheuen Sie sich nicht vor entsprechenden Schulungen für Ihr Team oder sich selbst.
Schaffen Sie schon beim ersten Vorstellungsgespräch eine angenehme Atmosphäre. Beginnen Sie vielleicht mit einem kurzen Rundgang durch den Betrieb, sodass sich der oder die Jugendliche erst einmal umschauen und eventuell schon ein paar Fragen stellen kann. Dies ermöglicht einen einfacheren Einstieg in ein folgendes Gespräch.
Schon einige wenige Vorbereitungen und Überlegungen helfen dabei, dass sich Auszubildende oder Praktikantinnen und Praktikanten von Anfang an in Ihrem Betrieb willkommen und akzeptiert fühlen können:
1. Ausbildungs- beziehungsweise Praktikumsleitfaden
Ein Ausbildungs- beziehungsweis Praktikumsleitfaden hilft sowohl Ihnen und Ihrem Ausbildungspersonal als auch den Jugendlichen, sich auf die bevorstehende Lehr- und Lernzeit vorzubereiten.
In einem solchen Leitfaden sollte genau beschrieben sein, welche schulischen und persönlichen Voraussetzungen notwendig sind. Das Wissen darum, diese Voraussetzungen zu erfüllen, stärkt das Selbstvertrauen und die Motivation. Legen Sie dabei die Messlatte jedoch nicht zu hoch an: Schließlich geht es um ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz - nicht um eine Fachkraftstelle.
Erforderliche Arbeitskleidung, Arbeitspapiere, die Erstuntersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz usw. sollten ebenfalls beschrieben werden, sodass Jugendliche sich optimal auf ihren ersten Tag im Betrieb vorbereiten können. Sind diese Dinge von Anfang an klar geregelt, gibt es keinen Frust, weil irgendetwas fehlt und man nicht gleich voll durchstarten kann.
Auch hier gilt: Bleiben Sie bitte realistisch. Verlangen Sie beispielsweise keine Business-Kleidung für zwei Wochen Praktikum.
Die Ausbildungsabteilungen, die jeweils zu vermittelnden Inhalte gemäß Ausbildungsrahmenplan und die Ausbildungszeiten sollten ebenfalls im Leitfaden klar geregelt sein. So wissen alle Verantwortlichen in der Abteilung, was wann zu tun ist, und es wird sichergestellt, dass die Jugendlichen echte Lerninhalte mitbekommen, anstatt nur sinnlos "geparkt" zu werden.
2. Ausstattung
Die vom Betrieb gestellte Arbeitskleidung, ein Namensschild, Arbeitsgeräte, ein Arbeitsplatz usw. sollten schon vom ersten Ausbildungs- oder Praktikumstag an vorhanden sein. So fühlen sich die Jugendlichen von Anfang an ernst genommen und sind ihrerseits motiviert, ihren Beitrag zum Ausbildungserfolg zu leisten.
3. Einführung in das Unternehmen
Nehmen Sie sich Zeit, die Jugendlichen ausführlich ins Unternehmen einzuweisen. Gerade bei lernschwächeren jungen Menschen ist das häufig etwas aufwendiger, weil Dinge gegebenenfalls öfter erklärt werden müssen. Aber auch für jeden anderen Neuankömmling sind viele Dinge in Ihrem Betriebsalltag völlig fremd. Versuchen Sie, sich daran zu erinnern, wie es bei Ihnen zu Beginn Ihrer beruflichen Laufbahn war.
4. Gemeinsame Aktivitäten
Planen Sie gemeinsame Aktivitäten zwischen Auszubildenden und Ihnen als Ausbilder/-in zu Beginn des Lehrjahrs, die auch Freizeitelemente umfassen und so Gelegenheit bieten, sich gegenseitig schon früh auch außerhalb des Arbeitskontexts zu erleben. Eine Möglichkeit sind z.B. Kennenlerntage mit Team-Trainingselementen im Freien.
5. Paten
Stellen Sie den Jugendlichen eine Patin oder einen Paten zur Seite, damit gerade für die Anfangszeit eine feste, immer ansprechbare Vertrauensperson existiert. Ideal für diese Rolle sind Azubis aus dem gleichen Ausbildungsberuf, die sich schon in einem höheren Ausbildungsjahr befinden.
6. Anforderungen an die Möglichkeiten des Jugendlichen anpassen
Jeder Mensch möchte Aufgaben bekommen, an denen er wachsen kann und für alle Auszubildenden gilt das Motto "fördern und fordern". Die im Ausbildungsrahmenplan zu vermittelnden Inhalte sollten in angemessenen Lernschritten durchgeführt werden. Aufgaben, die den Auszubildenden übertragen werden, sollten so an deren Voraussetzungen angepasst werden, dass sie einen "mittleren" Schwierigkeitsgrad haben.
7. Regelmäßiges Feedback
Nehmen Sie sich Zeit für regelmäßige Feedbackgespräche. Diese sollten vorher geplant werden und in einer ruhigen, entspannten Atmosphäre stattfinden. Auch die regelmäßige Abzeichnung des Berichtshefts kann hierfür eine gute Gelegenheit bieten. Besprechen Sie den Lernfortschritt, loben Sie ehrlich und bleiben Sie bei Kritik sachlich und konstruktiv.
Nutzen Sie solche Gespräche auch, um klare, anspruchsvolle und erreichbare Ziele zu vereinbaren. Bei Erreichung sollte immer eine Anerkennung in Form von Lob oder Wertschätzung folgen.
Nutzen Sie das Gespräch aber auch, um sich nach dem Wohlergehen der Jugendlichen zu erkundigen, zeigen Sie echtes Interesse, nehmen Sie Sorgen und Nöte ernst und bieten Sie Unterstützung an, wenn dies möglich ist.
8. Hilfestellung
Wenn Sie im Feedbackgespräch feststellen, dass es Probleme im Praktikum oder in der Ausbildung gibt, bieten Sie Ihre Hilfe an. Besonders bei Schwierigkeiten mit dem Lernstoff in der Berufsschule können die Arbeitsagenturen oftmals mit sogenannten "ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH)" unterstützen.
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