2011 wurde in Deutschland fast jeder vierte Ausbildungsvertrag wieder gelöst – kein Wunder, dass das Thema zunehmend Beachtung findet und mittlerweile auch zahlreiche Hilfsangebote existieren.
Aber: Keinesfalls jede Vertragslösung führt zu einem endgültigen Ausbildungsabbruch, denn viele der jungen Menschen schließen neue Ausbildungsverträge im bisherigen oder einem anderen Beruf ab. Zwischen den Ausbildungsberufen gibt es große Unterschiede bei den Vertragslösungsquoten. Beispielsweise haben Verwaltungsfachangestellte mit 3,7 Prozent die niedrigste und Restaurantfachleute mit 51 Prozent die höchste Quote – wobei allerdings gerade im Gastronomiebereich eine hohe Bereitschaft zum Wechsel des Arbeitsplatzes besteht: Meist werden die Ausbildungen nach einer Vertragslösung nahtlos fortgesetzt.
Laut einer Studie in der Region Leipzig aus dem Jahr 2012 geht die Initiative zur Vertragslösung in der Hälfte der Fälle vom Betrieb aus, bei 30 Prozent von den Azubis, und in 20 Prozent der Fälle trennen sich beide Parteien einvernehmlich.
Für Auszubildende sind insbesondere folgende Gründe relevant:
Aus Sicht der Betriebe werden häufig die folgende Gründe angeführt:
Insgesamt gilt: Wenn Azubis oder Betriebe der Ausbildung mit mangelnder Motivation und/oder Leistung nachgehen, kann eine Basis für Vertragslösungen entstehen.
Es sollte jedoch sorgfältig zwischen Vertragslösungen während und nach der Probezeit unterschieden werden. Schließlich ist die Probezeit dazu da, dass sich beide Vertragsparteien einer gegenseitigen Prüfung unterziehen. Werden Ausbildungsverhältnisse bereits während der Probezeit beendet, können frühzeitig erkannte gesundheitliche Probleme oder auch die Erkenntnis, dass dies eben nicht die richtige Berufswahl war, die Ursache sein. Ein Schlussstrich ist in solchen Fällen durchaus sinnvoll, denn mit fortschreitender Ausbildungszeit werden die Probleme nicht kleiner, sondern größer.
Mit dem Wissen um die Ursachen von Vertragslösungen, die schlimmstenfalls zu endgültigen Ausbildungsabbrüchen führen können, haben Sie die Chance, bewusst gegenzusteuern. Grundsätzlich lassen sich die Maßnahmen zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen und Vertragslösungen in die Bereiche „vor“ und „während der Ausbildung“ unterteilen.
Einige Vorschläge zur Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen finden Sie hier – vielfältige weitere Hinweise können Sie beispielsweise dem Band 6 der Reihe „Berufsbildungsforschung“ des BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) unter www.bmbf.de/pub/Band_6_Berufsbildungsforschung.pdf entnehmen.
Vor der Ausbildung:
Während der Ausbildung:
Azubis werden Mangelware – daher fällt es Auszubildenden mittlerweile etwas leichter, ihren Ausbildungsbetrieb zu wechseln. Wenn sich ein Abbruch oder eine Lösung des Vertrags nicht vermeiden lässt, sollten Sie nicht „die Flinte ins Korn werfen“ und keinesfalls die Konsequenz ziehen, nie mehr ausbilden zu wollen. Bedenken Sie bitte: In manchen Fällen kann eine Vertragslösung die einzige Möglichkeit sein, effektiv zu helfen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Ausbildung absolut ungeeignet für den Azubi ist oder die Probleme insgesamt zu groß werden.
Bitte beachten Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Ausbildungsabbruchs, damit keine Gefahr von Rechtsstreitigkeiten droht (vgl. §22 BBiG): Das Berufsbildungsgesetz sieht vor, dass ein Ausbildungsvertrag in der Probezeit von Unternehmen wie Azubi jederzeit ohne Frist gekündigt werden kann. Nach der Probezeit kann der Vertrag vom Ausbildungsbetrieb nur aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Auszubildende können mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn sie einen anderen Ausbildungsberuf erlernen oder ihre Ausbildung aufgeben möchten. Weitere Möglichkeit: Unternehmen und Azubi heben im gegenseitigen Einverständnis durch einen sogenannten Aufhebungsvertrag das Ausbildungsverhältnis auf.
In jedem Fall sollten Sie Ihren Azubi auf die rechtlichen Folgen eines Ausbildungsabbruchs aufmerksam machen, der unter Umständen auch Diskussionen mit der Agentur für Arbeit hervorrufen kann. Fordern Sie Ihren Azubi bitte auch dazu auf, die Beratungsleistungen der Agentur für Arbeit in Anspruch zu nehmen.
Ist das Ausbildungsverhältnis beendet, so informieren Sie bitte die für Sie zuständige Kammer, damit das Ausbildungsverhältnis aus dem Kammer-Verzeichnis gelöscht werden kann.
Mögliche Folgen können sich für beide Vertragsparteien ergeben. Diese lassen sich grob in rechtliche, allgemeine und persönliche Folgen unterteilen:
Rechtliche Folgen
Beachten Sie als Ausbildungsbetrieb bitte folgende Grundregeln bei einem Ausbildungsabbruch:
Allgemeine Folgen
In der Regel bilden Sie aus, um mittel- bis langfristig über Fachkräfte zu verfügen. Hierfür investieren Sie im Verlaufe der Ausbildung erhebliche Ressourcen. Ein Abbruch sollte deshalb – wenn er unvermeidbar ist – so bald wie möglich im Ausbildungsverlauf geschehen.
Persönliche Folgen
Ein Ausbildungsabbruch ist sowohl für Ihren Azubi als auch für Sie als Ausbilder/-in zunächst fast immer eine menschliche Enttäuschung. Für Azubis kann ein „echter“ Ausbildungsabbruch darüber hinaus aber auch mit vielen persönlichen Nachteilen verbunden sein. Im Lebenslauf entstehen Brüche, die bei zukünftigen Bewerbungen für Irritationen sorgen könnten. Manche Azubis sind so enttäuscht über das Scheitern ihrer Ausbildung, dass sie eine neue Ausbildung erst nach relativ langer Zeit wieder beginnen oder keine weitere Ausbildung mehr in Angriff nehmen möchten.