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Über- oder Unterforderung

  • Über- oder Unterforderung – Gibt es da Gemeinsamkeiten?

    Über- oder Unterforderung wirken sich sehr ähnlich aus: Die Azubis sind nicht mehr motiviert, sich anzustrengen. Entweder empfinden sie die Aufgaben als zu schwierig und erzielen daher keine Erfolge, oder aber die Anforderungen erscheinen als zu einfach und sind dadurch langweilig. In beiden Fällen kann gerade bei jungen Menschen schnell Frust und eine schlechte Arbeitseinstellung entstehen.

  • Wie erkenne ich, ob mein Azubi überfordert ist?

    Wenn Ihr Azubi nicht auf Anhieb alles so hinbekommt, wie es der Ausbildungsplan vorsieht, oder vielleicht etwas langsamer ist als andere Auszubildende, ist das noch längst kein Anzeichen für Überforderung. Wahrscheinlich hat Ihr Azubi den gewünschten Ablauf noch nicht richtig verstanden: Bedenken Sie bitte, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt. Erklären Sie die Aufgabenstellung auf eine andere Weise oder lassen Sie sich zeigen, wo der Schuh konkret drückt: So finden Sie am einfachsten heraus, an welcher Stelle das Wissen fehlt.

    Aber woran erkennen Sie, ob Ihr Azubi wirklich überfordert ist? Überforderte Menschen sind im schlimmsten Falle z.B. freud-, lust- und mutlos, leicht reizbar, haben Kopfschmerzen, sind anfällig für Infektionskrankheiten, haben Denkblockaden oder leiden unter Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Sehr wahrscheinlich legt ein überforderter Azubi auch ein Vermeidungsverhalten an den Tag: Situationen, die einen überfordern oder bei denen man sich vielleicht sogar vor anderen „blamieren" könnte, werden mit allen Möglichkeiten - die bis zur „akuten Übelkeit" reichen - umgangen.

  • Wann überfordere ich meinen Azubi?

    Sie überfordern Ihren Azubi beispielsweise dann, wenn

    • Sie zu wenig Zeit für das Erlernen oder Ausführen der Tätigkeiten lassen,
    • die übertragene Verantwortung zu groß ist,
    • Sie Ihren Azubi geistig und emotional überlasten,
    • das Fachwissen noch nicht ausreicht, um Aufträge selbstständig zu erarbeiten.

    Wenn Menschen immer wieder an ihre Grenzen stoßen und dabei scheitern, kann das zur Überforderung führen. Da die gefühlte Überforderung in der Regel nicht durch Erfolgserlebnisse in anderen Bereichen ausgeglichen werden kann, ist der vorgezeichnete Leidensweg oft lang und kann zum "Burnout" führen.

    Die individuelle "Schmerzgrenze" der Überforderung ist natürlich ganz unterschiedlich: Jeder Auszubildende ist anders, hat unterschiedliche Stärken und Schwächen und bringt unterschiedliche (schulische) Voraussetzungen mit. Während der eine Azubi eine Aufgabe mit links erledigt und auf Anhieb versteht, stehen dem anderen nur Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Dies hängt auch mit den unterschiedlichen sozialen Hintergründen zusammen, aus denen Jugendliche stammen. Sie als Ausbilderin oder Ausbilder stehen dabei vor der schwierigen Herausforderung, jeden Auszubildenden dort abzuholen, wo er oder sie gerade steht und zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss zu führen. Und das meist einfach so nebenbei … Machen Sie daher innerhalb Ihres Betriebs immer wieder deutlich, dass Sie den Azubis nur dann helfen können, wenn Sie selbst genügend Zeit für die Ausbildung erhalten.

  • Wie kann ich eine Überforderung verhindern?

    Bitte prüfen Sie die Einstiegsqualifikationen Ihres Azubis: Wie sieht es mit der benötigten Allgemein- und Schulbildung aus, wie mit der geistigen, persönlichen und emotionalen Reife? Hat Ihr Azubi die handwerklichen Fähigkeiten, die für den zu erlernenden Beruf vorausgesetzt werden? Falls Defizite vorhanden sind: Haben Sie in Ihrem Betrieb die Möglichkeit, auf diese einzugehen? Verfügen Sie über genügend Personal und/oder Zeit, um Ihren Azubi in manchen Bereichen stärker zu fördern?

    Um Überforderungen zu verhindern, können regelmäßige Feedback-Gespräche hilfreich sein. Sprechen Sie darüber, welche Tätigkeiten problemlos ablaufen und welche schwerfallen oder für den Azubi mit unbehaglichen Gefühlen verbunden sind. Dies können Sie mithilfe einer von 1 bis 10 reichenden Punkteskala erfassen. Überdenken Sie auf dieser Grundlage Ihre Anspruchshaltung an Ihren Azubi und planen Sie gemeinsam den weiteren Ausbildungsverlauf. Geben Sie Ihrem Azubi hierbei die Möglichkeit, seine Aufgaben mitzugestalten und sich bewusst auch den Aufgaben, die noch Probleme bereiten, zu stellen. Denn die Stressforschung belegt, dass Überforderungen deutlich seltener auftreten, wenn Personen ihre Arbeitsaufgaben mitgestalten können und im Vorhinein wissen, wann welche Anforderungen auf sie zukommen.

    Auch das Gefühl, bei Problemen auf soziale Unterstützung zurückgreifen zu können, senkt die Gefahr der Überforderung erheblich. Daher ist es sehr wichtig, dass Ihr Azubi eine feste Vertrauensperson im Betrieb hat, die bei Schwierigkeiten zur Verfügung steht. Beziehen Sie bei Bedarf bitte auch Eltern, Lehr- oder Betreuungspersonal mit ein, damit die benötigte Unterstützung von allen Seiten kommen kann.

    Wenn die Überforderung trotz betriebsinterner Unterstützung anhält und schwerwiegende Auswirkungen hat, sollten Sie dem Auszubildenden aufzeigen, wo und wie er professionelle Hilfe einholen kann (z.B. psychotherapeutische Unterstützung oder ärztliche Hilfe).

  • Wann fühlt sich mein Azubi unterfordert?

    Im normalen Ausbildungsalltag, aber insbesondere zu Stoß- und Hochzeiten im Betrieb, kommt es immer wieder vor, dass sich ein Azubi unterfordert fühlt. Gefühle von Vernachlässigung und der Eindruck, "ausgenutzt zu werden" machen sich breit, weil in solchen Phasen aus Sicht der Azubis "nur" Hilfsarbeiten zu verrichten sind.

    Das Gefühl der Unterforderung kann ebenso daraus resultieren, dass die letzten Unterweisungen oder Übungsabende schon lange zurückliegen oder das Ausbildungspersonal nicht darauf achtet, dem Lehrjahr und der persönlichen Entwicklung entsprechend zu schulen. Das Gefühl der Vernachlässigung tritt bei manchen Azubis auch kurz vor Prüfungen auf.

  • Was kann ich bei einer Unterforderung tun?

    Auch hier können Feedbackgespräche ein Lösungsansatz sein: Erstellen Sie hierbei Zielvereinbarungen, bei denen Ihr Azubi seine Wünsche einbringen kann. Dabei lernen Sie Ihren Auszubildenden genauer kennen und haben gleich die Möglichkeit, entsprechende Trainingseinheiten zu vereinbaren. Ein Gesprächsergebnis könnte jedoch auch sein, dass Ihr Azubi Wünsche äußert, die nicht dem Ausbildungsstand entsprechen und die daher erst zu einem späteren Zeitpunkt der Ausbildung realisierbar sind. Nehmen Sie sich in solchen Situationen bitte Zeit für die Begründung, die Ihr Azubi verstehen muss.

    Ihr Azubi ist besonders leistungsstark? Dann könnten mehr Verantwortung oder auch Sonderprojekte zu einem neuen Leistungsschub motivieren. Vielleicht kommt auch eine Verkürzung der Ausbildungszeit infrage? Dafür müssen Sie aber unbedingt mit allen Verantwortlichen und auch mit Ihrem Azubi selbst sprechen.

    Wenn ihr Azubi sich ausgenutzt fühlt, kann das auch damit zusammenhängen, dass er oder sie nur wenig Anerkennung für erbrachte Leistungen erhält. Zeigen Sie auf, inwiefern Arbeiten der Azubis für den Betrieb wichtig sind und loben Sie für gute Leistungen und Ideen. Umfragen unter Auszubildenden zeigen, dass dies im hektischen Betriebsalltag aus Sicht der Jugendlichen viel zu selten passiert.

  • Wo bekommt mein Azubi Hilfe von außerhalb?

    Ganz wichtig ist: Nehmen Sie Ihren Azubi „bei der Hand“, wenn es um externe Hilfsangebote geht. Gerade überforderte Menschen holen sich selten selbstständig Hilfe, da dies in unserer Gesellschaft häufig als Schwäche ausgelegt wird.

    • Verschiedene Krankenkassen bieten Online-Tests an, um Stressfaktoren sichtbar zu machen.
    • In der Berufsschule kann der Vertrauenslehrer oder Sozialpädagoge helfen.
    • Ermutigen Sie Ihren Azubi, ehrlich mit dem Hausarzt über Ängste zu sprechen.
    • Einrichtungen zur Ausbildungsbegleitenden Hilfe (AbH) nehmen sich nicht nur der theoretischen Schwächen an, auch persönliche Nöte werden bei den Sozialpädagogen besprochen.

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