Zielvereinbarungen

  • Was sind Zielvereinbarungen?

    Klare und konkrete Leistungsziele sind eine Grundvoraussetzung erfolgreichen Arbeitens im Ausbildungsbetrieb. Sie zeigen, welche Leistungen im betrieblichen Alltag wichtig und dringlich sind. Konkrete Ziele sind eine unverzichtbare Grundlage für Leistungsbeurteilung und Feedbackgespräche.

    Zielvereinbarungen - auch mit Ihren Azubis - sollten SMART sein: Erst wenn ein Ziel spezifisch (konkret formuliert), messbar, für die ausführende Person attraktiv, mit vorhandenen Mitteln realisierbar und auf einen Überprüfungstermin hin terminiert ist, motiviert das Leistungsziel Ihren Azubi, das Beste zu geben.

  • Welchen Nutzen haben Zielvereinbarungen in der Ausbildung?

    Leistungsziele geben der beruflichen Tätigkeit einen Sinn und eine Richtung. Werden Leistungsziele besprochen und vereinbart, müssen drei Aspekte in Übereinstimmung gebracht werden: Können, Wollen und Dürfen. Die Abstimmung von Können und Wollen berührt die Frage, wie anspruchsvoll die Leistungsziele formuliert werden. Eine dauerhafte Überforderung Ihres Azubis ist ebenso zu vermeiden wie eine grundsätzliche Unterforderung. Hilfreich ist ein Aufgabenmix aus Routineaufgaben und einigen leistbaren Herausforderungen. Unliebsame Aufgaben sollten gleichmäßig im Team aufgeteilt werden.

    Die Abstimmung von Wollen und Dürfen wirft ein Licht auf die Handlungsspielräume. Für die meisten Auszubildenden ist es motivierend, wenn sie ihre betrieblichen Arbeiten selbstständig planen, eigenständig ausführen und selbst in ihrer Qualität überprüfen können. Je schneller und verlässlicher die Kompetenzzuwächse bei Ihrem Azubi, desto eher können Sie auf die Arbeitsplanung und Eigenkontrolle vertrauen und weitere Aufgaben an Ihren Azubi delegieren. Dauerhaft enge Handlungsspielräume machen Auszubildende dagegen passiv. In der Folge bildet sich ein nur schwaches Qualitäts-, Termin- und Kostenbewusstsein aus.

  • Beispiel: Zielvereinbarung im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs

    Das Maschinenbauunternehmen Schmidt beschäftigt u.a. den Auszubildenden Sven. Er lernt Industriemechaniker und absolviert das zweite Ausbildungsjahr. Im Betrieb kommt Sven an CNC-Drehmaschinen, CNC-Fräsmaschinen und Bohrwerken zum Einsatz. Im dritten Ausbildungsjahr soll er in der Endmontage eingesetzt werden. Das Mitarbeitergespräch:

    Meister: "Guten Morgen, Sven! Heute steht unser Mitarbeitergespräch an." (Pause) "Wie hast Du denn die letzten Monate hier im Betrieb erlebt? Berichte doch mal."

    Sven: "Jetzt im zweiten Ausbildungsjahr fühle ich mich schon ziemlich sicher in der Einrichtung und Bedienung der verschiedenen Maschinen. Einerseits bin ich froh, dass ich an allen Maschinen zum Einsatz komme, andererseits finde ich die Arbeiten an der Drehmaschine und der Fräsmaschine entspannter als die Arbeit an den Bohrwerken. Aber der Kontakt zu meinen Kollegen ist wirklich prima. Ich arbeite gerne hier."

    Meister: "Das freut mich zu hören. Auch die Mitarbeiter berichten, dass Du Dich prima einbringst und ein angenehmer Kollege bist. Es würde mich sehr freuen, wenn wir Dir nach der Ausbildung einen festen Vertrag anbieten können." (Pause) "Und da kommen wir zu einem Thema, das ich mit Dir besprechen möchte. Die Mathematik scheint so etwas wie Deine Achillesferse zu sein. Wenn ich einen Blick auf Deine Berufsschulnote werfe, kann ich mir vorstellen, dass sie einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss im Wege steht. Wie denkst Du darüber?"

    Sven: "Ich habe da kein gutes Gefühl. Eigentlich bin ich im Unterricht ganz gut mitgekommen. Wenn ich dann aber vor der Mathearbeit sitze, bringe ich die Aufgaben nicht mit den richtigen Lösungswegen zusammen. Mit der Algebra komme ich meist klar, aber wenn ich eine Textaufgabe in eine Formel übersetzen soll, streikt mein Hirn."

    Meister: "Wenn Du eine Maschine einrichtest, kommst Du aber ganz gut klar, oder?"

    Sven: "Irgendwie ist es da anschaulicher. Und ich habe eine technische Zeichnung zur Hand."

    Meister: "Was könnte Dir helfen, dass Du einen leichteren Zugang zu den Textaufgaben bekommst?"

    Sven: "Ich weiß nicht, vielleicht Nachhilfeunterricht."

    Meister: "Wie verstehst Du Dich mit dem Marko, der vor einem Jahr seine Prüfung bestanden hat?"

    Sven: "Ganz prima."

    Meister: "Ich habe ihn gefragt, ob er zwei Stunden bezahlten Werkunterricht pro Woche für die Gruppe der Auszubildenden anbieten mag. Er ist damit einverstanden. Erst einmal für die nächsten drei Monate. Dafür erwarte ich, dass Du diese Chance ergreifst und Dich in Mathe zumindest auf einer Vier stabilisierst. Können wir das als Dein vorrangiges Ziel festhalten?"

    Sven: "Ich denke, das ist wirklich eine gute Chance. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen werde, den Knoten in meinem Hirn zu lösen, aber ich werde alles versuchen."

    Meister: "O.k. Dann halten wir dies jetzt als Zielvereinbarung fest. In drei Monaten besprechen wir, ob der Werkunterricht Früchte trägt. Frag dem Marko so viele Löcher in den Bauch wie möglich." (Pause) "Dann wieder zurück an Deine Arbeit! Mach’s gut!"

    Welche Ziele kann Sven dem Mitarbeitergespräch entnehmen? In punkto Arbeitseinsatz und Kollegialität ist sein Meister zufrieden mit ihm. Darum werden auch keine neuen Ziele besprochen und vereinbart. Im heutigen Gespräch dreht sich alles um die Berufsschulleistung in Mathematik. Die getroffene Zielvereinbarung lautet: den wöchentlichen Werkunterricht besuchen, sich dabei voll in das Thema einarbeiten und den Kollegen Marko so lange mit Fragen löchern, bis die Mathematik zumindest mit „ausreichend“ bewältigt wird. Die Vier in Mathematik ist eine klare Zielmarke, die nicht zur Diskussion steht.

    Andere Auszubildende erhalten andere Zielmarken, etwa die Anzahl der Nacharbeitsstunden halbieren (Arbeitsqualität), die Maschinenrüstzeiten um 25 Prozent reduzieren (Arbeitsquantität), die Kollegen fragen, wenn etwas unklar ist (Präzision), oder pünktlich nach der Pause die Arbeit aufnehmen (Arbeitseinsatz). Zielvereinbarungen werden so gewählt, dass die vorrangigen Leistungsziele in den Vordergrund gestellt und messbar gemacht werden. Dabei wird unterstellt, dass die übrigen Leistungsaspekte nicht nachlassen.

  • Wie kann ich eine Zielvereinbarung in der Ausbildung umsetzen?

    Damit Zielvereinbarungen wirklich Orientierung geben und motivieren, sollten sie SMART sein:

    Spezifisch: Ich formuliere die Zielvereinbarung so konkret wie möglich. Dabei nutze ich zählbare Ergebnisse (beispielsweise maßgerechte Fertigung der angeforderten Bauteile) und beobachtbare Verhaltensmerkmale (z.B. sorgfältige Abstimmung des Vorgehens vor Arbeitsbeginn). Dadurch kann mein Azubi die Leistungsmaßstäbe begreifen und selbst die Arbeitsqualität bewerten. Ich halte die Zielvereinbarungen schriftlich fest, damit ich mich beim Wortlaut der Vereinbarung nicht auf meine Erinnerung verlassen muss.

    Messbar: Ich gebe Kriterien an, damit mein Azubi eindeutig feststellen kann, ob das vereinbarte Ziel erreicht wurde. Wenn ich qualitative Ziele (beispielsweise freundliche, verbindliche Aufnahme eines Kundenwunschs) formuliere, ist dies eine anspruchsvolle Aufgabe. Ich könnte aber stattdessen erfassen, wie viel Kundenkontakte so präzise und ausführlich dokumentiert wurden (Angabe in Prozent), dass ein Kollege oder eine Kollegin im nächsten Arbeitsschritt gut informiert die Kunden kontaktieren kann.

    Attraktiv: Ich vereinbare nur Ziele, die wirklich wichtig sind. Wenn mein Azubi nachvollziehen kann, welche bedeutsamen Folgen das Erreichen des Ziels für die Kunden hat, setze ich mit der Zielvereinbarung einen klaren und dauerhaften Anreiz. Dabei ist der Anreiz stärker, wenn ein Zustand definiert wird, der erreicht werden soll (anstatt eines Zustands, den es zu vermeiden gilt).

    Realistisch: Ich vereinbare nur Ziele, die mein Azubi aus eigener Kraft erreichen kann. Ist mein Azubi stark auf Kollegen oder Kolleginnen oder Rahmenbedingungen (beispielsweise verfügbare Maschinen) angewiesen, darf ich mich nicht wundern, wenn ich Entschuldigungen oder Ausflüchte zu hören bekomme, wenn mein Azubi das vereinbarte Ziel nicht erreicht hat.

    Terminiert: Ich gebe den genauen Zeitpunkt an, zu dem das Erreichen des Ziels überprüft und besprochen wird. Dabei behalte ich die Berufsschul- und Urlaubszeiten meines Azubis im Blick. Ich vereinbare Zeiträume, die nicht zu kurz und nicht zu lang bemessen sind. Kurze Zeiträume bauen mehr Druck auf, bei langen Zeiträumen riskiere ich, dass das vereinbarte Ziel aus dem Blick gerät.

    Bei Gelegenheit erkundige ich mich nach dem Arbeitsfortschritt und sorge für eine zeitliche Nähe zwischen der Überprüfung und Besprechung der Zielerreichung. Das zeigt, dass ich am Erreichen des Ziels und dem Erfolg meines Azubis interessiert bin. Nachhaltig demotivierend sind dagegen Aufgaben und Ziele, bei denen „für die Tonne“ produziert wird.

    Übrigens: Die mit dem Auszubildenden Sven vereinbarten Ziele sind ausgesprochen SMART.

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