Junge Geflüchtete haben oft traumatische Erlebnisse durch Krieg und Flucht gemacht. Die Sicherheit in Deutschland ist für sie jedoch nur relativ, je nachdem, aus welchem Land sie zu uns kommen. Unsicherheiten können vielfältig sein:
Status:
Ausbildungserfolg:
Entwicklungen im Heimatland:
Beziehungen zu Deutschen:
Bevor Sie sich entscheiden, einen jungen Geflüchteten als Auszubildenden im Betrieb einzustellen, sollten Sie zunächst mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klären, welche Herausforderung und Chancen die Integration von Flüchtlingen bedeutet und welche Veränderungen sich daraus für jeden ergeben könnten. Wenn alle Beteiligten positiv eingestellt sind und einem Geflüchteten vorurteilsfrei eine Chance geben wollen, sind viele persönliche Verunsicherungen auf beiden Seiten schon von Anfang an vermeidbar (siehe dazu den Wissensbaustein "Willkommenskultur").
Für junge Geflüchtete ist der Ausbildungsbetrieb ein wichtiger Sozialisations- und Integrationsort. Viele von ihnen kommen aus stark familienorientierten Gesellschaften und sind aufgrund der Fluchtsituation von ihren Angehörigen getrennt. Aus diesem Grund sind die persönlichen Beziehungen zu Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten sehr wichtig, besonders wenn man acht bis zehn Stunden am Tag zusammenarbeitet und die Flüchtlinge sonst nicht viele soziale Kontakte haben.
Der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung hat daher einen besonderen Stellenwert. Geben Sie Ihren Auszubildenden das Gefühl, dass sie Teil Ihrer Gemeinschaft im Betrieb sind. Sprechen Sie über Ihre Familien und Hobbys. Lassen Sie Ihre Auszubildenden über ihre Herkunftsländer, Freunde und Familien berichten. Beziehen Sie die Auszubildenden in Betriebsfeiern und gemeinsame Freizeitgestaltung mit ein. Wenn sich darauf private Kontakte ergeben, ist es umso besser.
Weisen Sie auf Diversität im Betrieb hin, lassen Sie Mitarbeiter/-innen mit Migrationsgrund erzählen, wie sie sich in Deutschland zurechtgefunden haben. Das gibt Sicherheit und Selbstvertrauen, dass man es schaffen kann. Haben Sie ein offenes Ohr für die Aufenthaltssituation der Geflüchteten in Deutschland. Weisen Sie die Auszubildenden darauf hin, dass sie Sie informieren können und müssen, wenn es aufenthaltsrechtliche Probleme gibt. Halten Sie Kontakt zur Ausländerbehörde oder dem/der rechtlichen Vertreter/-in, um ggf. Einfluss zu nehmen.
Die Förderung der Sprachkompetenz ist der Schlüssel zur beruflichen und persönlichen Entwicklung. Sie werden erleben, dass sich die Kenntnisse der Umgangssprache schnell verbessern, wenn Sie oft, klar und verständlich mit den Auszubildenden reden. Berufliche Fachausdrücke müssen besonders geübt und durch Wiederholen gefestigt werden. Wenn Sie bemerken, dass Auszubildende mit dem theoretischen Stoff der Berufsschule nicht klarkommen, können Sie Ausbildungshilfen, Nachhilfe oder gezielte Sprachförderkurse in Anspruch nehmen. Dazu gehören die assistierte Ausbildung (Träger: Arbeitsagentur), die berufsbezogene Deutschförderung durch das ESF-BAMF-Programm, die ehrenamtliche Ausbildungsbegleitung VerA (Träger: Senioren Expert Service) und ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) außerhalb der Arbeitszeit (Träger: Arbeitsagentur).
Geflüchtete Auszubildende stehen unter großem Druck, die Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen, da ihr künftiger Aufenthaltsstatus davon abhängt. Im Rahmen der 3+2-Regelung können auch Flüchtlinge ohne den Status als anerkannte/-r Asylbewerber/-in zwei Jahre nach Beendigung der Ausbildung in Deutschland bleiben.
In der fachlichen Ausbildung können Sie Verunsicherung vermeiden, indem Sie auch bei kleinen Fortschritten positive Rückmeldung geben. Versuchen Sie, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Oft werden die theoretischen Inhalte besser verstanden, wenn sie mit praktischen Aufgaben erfahrbar werden.
Die Ausbildung von Geflüchteten erfordert von allen Beteiligten besondere Aufmerksamkeit. Und doch müssen die Auszubildende auch wissen, dass sie keine "Sonderbehandlung" erwarten können. Es gibt Regeln in der Zusammenarbeit, an die sich alle halten müssen.
Wichtig ist, dass Sie bei entsprechenden Anzeichen oder konkreten bei Problemen schnell und zügig handeln, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Verunsicherte Jugendliche werden sich wahrscheinlich nicht offen und direkt an Sie wenden. Suchen Sie das Gespräch (eventuell unter vier Augen) und den Austausch mit Ihren Azubis und beleuchten Sie die aktuelle Situation. So merken die Jugendlichen, dass Sie die Mitarbeit schätzen, was für ihr Selbstvertrauen von großer Bedeutung ist. Nehmen Sie Probleme ernst und suchen Sie gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten, etwa Nachhilfe. Binden Sie auf jeden Fall die Ausländerbehörde und ehrenamtliche Betreuungspersonen mit ein. Auf diese Weise erhalten Sie ausführliche Informationen und Einschätzungen zur Lebenssituation der Jugendlichen und können weitere Personen zur Unterstützung Ihrer Azubis in die Pflicht nehmen.
Wichtig ist es auch, frühzeitig und offen über die Phase nach der Ausbildung zu sprechen. Sollten Sie keine Festanstellung bieten können, so sagen Sie dies frühzeitig und erläutern Sie Ihre Gründe. Auf diese Weise geben Sie Ihren Azubis die Chance, sich zeitig mit der Situation zu arrangieren und sich zu überlegen, wie es nach dem Abschluss weitergehen kann. Bieten Sie auch hier Ihre Hilfe an (z.B. eine Weiterempfehlung in der Branche oder die Unterstützung bei Bewerbungsschreiben).