Als unsere Vorfahren auf die Jagd gingen, lief der Büffel nicht immer weg. Manchmal drehte er sich auch um und rannte auf die Jäger zu. Was jetzt?! Blitzschnelles Checken: Bin ich noch Jäger – oder schon Gejagter? Ist ein Speer zur Hand - oder bleibt nur die Flucht?
Prüfungsangst funktioniert auf ganz ähnlicher Frequenz: Ein Hormoncocktail bringt uns in einen "Kampf-oder-Flucht-Zustand". Wir stehen wie unter körpereigenen Drogen. Die Gedanken drehen sich immer stärker darum, dass Teile des Gelernten verschwinden und eine negative soziale Reaktion erfolgen könnte. Dahinter steht die Angst, zu versagen, etwas nicht (mehr) zu wissen, sich vor anderen Menschen zu blamieren. Es kann auch eine soziale Phobie vorliegen; man spricht dann von "sozialer Bewertungsangst". Mehr als der Hälfte der Deutschen ist es zuwider, vor Publikum in der Öffentlichkeit zu sprechen – Lampenfieber ist nichts Außergewöhnliches.
Je schwerer Azubis das Lernen fällt, je leichter sie in Aufregung geraten, desto größer wird ihre Angst, in der Prüfung zu versagen.
Körperliche Symptome bei Prüfungsangst sind individuell verschieden. Hier eine kurze Auflistung und Tipps zum möglichen alltagspraktischen Umgang:
Als Experten/-innen für die Ausbildung dürfen wir uns von Prüfungsangst unserer Azubis nicht aus dem Konzept bringen lassen. In offener, vertrauensvoller Weise stehen wir mit unseren Auszubildenden im Kontakt. Das sollte gerade der Fall sein, wenn sie bei Tests in der Berufsschule oder auch bei der Vorbereitung auf die Zwischenprüfung anders wirken als sonst oder generell sehr ruhig und zurückhaltend sind.
Mögliche Strategien bei Nervosität und Aufregung sollten wir frühzeitig ansprechen, etwa mit Fragen wie:
Fällt Ihnen bei mehreren Azubis eine starke Unsicherheit vor der Zwischen- oder Abschlussprüfung auf, dann kann das auch ein Hinweis auf einen nicht gelungenen Ausbildungsablauf oder eine ungenügende Prüfungsvorbereitung sein. Fassen Sie sich an die eigene Nase. Checken Sie Methodik und Didaktik Ihrer Ausbildung.
Ziehen Sie Kollegen hinzu und überlegen Sie gemeinsam, wie Sie die Ausbildung weiter verbessern können. Auch wenn Ihr Ansatz 20 Jahre lang erfolgreich war, kann es sein, dass er bei diesem einen Azubi nicht hilfreich ist - oder dass sich die junge Generation insgesamt so verändert hat, dass das formal gute Konzept nicht mehr passt.
Sammeln Sie auch Ideen Ihrer Azubis, wie sie sich besser auf die Prüfung vorbereitet fühlen und was sie selbst tun können, um die Prüfung gut zu bestehen.
Sicher kennen Sie es auch, dass der kurze Hinweis einer befreundeten Kollegin mitunter mehr bringt als ein langer Vortrag des Vorgesetzten. Nutzen Sie dies auch bei Ihren Azubis. Lassen Sie sie miteinander lernen, üben, vorbereiten und stehen Sie im Bedarfsfall zur Verfügung. Lassen Sie sie einander Tipps geben und für die anstehenden Prüfungen anspornen. Seien Sie dabei aber trotzdem aufmerksam gegenüber Gruppendynamiken, die dadurch entstehen könnten.
Welche der nächsten Ausbildungseinheiten können Sie mit Projektarbeit oder auch mit verstärkter Teamarbeit der Azubis realisieren? Projektarbeit kann den positiven Nebeneffekt haben, dass das fachliche Selbstbewusstsein steigt. Austausch und Zusammenarbeit sind dabei die Basis. Legen Sie Aufgaben so an, dass es nötig ist, einander zu unterstützen. Gerade bei der Vorbereitung auf die Zwischen- und Abschlussprüfung sollten Sie kleine Lernteams oder Tandems bilden lassen. Lassen Sie die Auszubildenden sich selbst einschätzen – die eigene Person und auch gegenseitig. Führen Sie sie so an die Unterschiedlichkeit von Selbst- und Fremdwahrnehmung heran.
Sicher gibt es in Ihrem Unternehmen auch Kollegen/-innen, die selbst vor Kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Oft können diese jungen Fachkräfte die Azubis in anderer Sprache und auf Augenhöhe ansprechen.
Struktur gibt Sicherheit. Dieses Wissen gilt im Vorfeld von Prüfungen besonders für Menschen, die sich am meisten stressen. Vermitteln Sie Sicherheit. Achten Sie auf einen klaren und transparenten Aufbau und Ablauf der Ausbildung. Strukturieren Sie. Entwerfen Sie eine Übersicht über die gesamte Ausbildung mit allen Themenfeldern. Hängen Sie diese Übersicht groß und farbig an prominenter Stelle auf. So werden ihre Azubis an das bisher Gelernte erinnert und sie sehen, welche Inhalte als Nächstes anstehen.
Simulieren Sie regelmäßig Prüfungen. Lassen Sie Azubis bei Prüfungen hospitieren, damit sie sich vom genauen Prüfungsablauf ein Bild machen können. Laden Sie Prüfer/-innen ein, damit sie ihren Azubis schon bekannt sind. Befragen Sie die Prüfer/-innen in der Azubi-Runde, worauf sie bei den Prüfungen Wert legen und welches ihre Beurteilungskriterien sind. Lassen Sie die Azubis sich gegenseitig prüfen und damit auch in die Rolle eines Prüfers wechseln. Entwickeln Sie gemeinsam klare und verständliche Beurteilungskriterien.
Tipps und Tricks, um die innere Ruhe bewahren