Fehlender Bezug zur Arbeitswelt

  • Woran liegt es, dass vielen Jugendlichen der Bezug zur Arbeitswelt fehlt?

    Jugendliche, die nach der Hauptschule oder Realschule eine Ausbildung absolvieren möchten, werden bereits in sehr jungen Jahren mit wesentlichen Entscheidungen zu ihrer beruflichen Zukunft konfrontiert:

    • Welchen Beruf möchte ich später ergreifen?
    • Welchen Schulabschluss brauche ich dafür?
    • Welche Qualifikationen muss ich zusätzlich mitbringen?

    Viele Jugendliche fühlen sich von diesen Fragen, die ja von wesentlicher Bedeutung für ihre berufliche und private Zukunft sind, überfordert. Häufig versuchen sie, für die anstehenden Entscheidungen, wie etwa die Berufswahl, durch den Besuch einer weiterführenden Schule (beispielsweise der Berufsfachschule) mehr Zeit zu gewinnen. Warum ist das so? In unserer Gesellschaft existiert eine grundlegende Trennung zwischen der Familie und Arbeitswelt und auch zwischen Schule und Arbeitswelt. Dementsprechend können Jugendliche oft überhaupt keine Vorstellung davon haben, was sie in der Arbeitswelt tatsächlich erwartet. Umso wichtiger ist es für junge Menschen, Beratung und Unterstützung zu erhalten, in erster Linie durch ihre Eltern und Verwandte, aber auch durch ihren Freundeskreis, eine Berufsberatung oder die Lehrkräfte der Schule. Praktika und weitere Möglichkeiten der Berufsorientierung sind von besonders hoher Relevanz, wenn es darum geht, einen Bezug zur Arbeitswelt herzustellen.

    Untersuchungen belegen, dass insbesondere die eigenen Eltern gerade beim Thema Berufswahl für die Mehrheit der Jugendlichen immer noch die wichtigsten Ansprechpersonen sind. In vielen Fällen fehlt jedoch gerade benachteiligten Jugendlichen dieser familiäre Rückhalt, oder Vater und Mutter können nicht weiterhelfen. Dies kann mehrere Gründe haben:

    • Die Eltern sind (unter Umständen seit mehreren Jahren) erwerbslos und haben den aktuellen Bezug zum Arbeitsmarkt verloren.
    • Die Eltern sind alleinerziehend und haben nur einen sehr eingeschränkten Einblick in die Entwicklungen und Prozesse des Arbeitsmarkts.
    • Die Eltern haben keine Berufsausbildung und sind nur im Rahmen von Nebentätigkeiten erwerbstätig, sie werden durch staatliche Versorgungsleistungen unterstützt und haben den ersten Arbeitsmarkt unter Umständen noch nie kennengelernt.
    • Das Verhältnis zwischen dem oder der Jugendlichen und den Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigten ist persönlich belastet, sodass keine Gespräche stattfinden.

    Jugendliche können auch in Versuchung geraten, ihre eigene Lebensperspektive so auszurichten, wie es mitunter seit Jahrzehnten in der eigenen Familie vorgelebt wird. So kann es sein, dass die Familienmitglieder nur selten einer Berufs- oder Erwerbstätigkeit nachgegangen sind und die Abhängigkeit von staatlichen Unterstützungsleistungen wie Sozialhilfe beziehungsweise Hartz IV eine eingespielte und bewährte Möglichkeit der Existenzsicherung darzustellen scheint.

    In diesen Fällen stellt sich für die Jugendlichen die „berechtigte“ Frage, warum sie sich mit unangenehmen und schwierigen Zukunftsfragen beschäftigen sollen, die ihnen das ständige Risiko des eigenen Versagens und Scheiterns vor Augen führen, wenn es doch eine vermeintlich bequeme „Alternative“ gibt. Dies ähnelt dem Entschluss zu einer „Teenagerschwangerschaft“: Viele Mädchen möchten eine eigene Familie gründen, um sich so den beruflichen Zukunftsfragen zu entziehen.

  • Was bedeutet dies für den Umgang mit Ihrem Azubi?

    In der Summe kann dies bedeuten, dass Sie einen Azubi haben, der bislang nur wenige Berührungspunkte mit dem Berufs- und Arbeitsleben hatte. Daher können ihm oder ihr manche Prozesse und Arbeitsschritte schwerfallen, die Ihnen selbstverständlich erscheinen.

    Wenn Sie Ihren Azubi öfter in Situationen finden, in denen er oder sie auch bei einfachen Tätigkeiten oder Anweisungen einen überforderten oder ratlosen Eindruck macht, dann suchen Sie das Gespräch und erkundigen sich nach bisherigen Erfahrungen und Erlebnissen in der Berufs- und Arbeitswelt. Dies können Praktika in der Schule, Berichte und Schilderungen von Familie und Freunden oder auch erste Nebentätigkeiten sein. Auf diese Weise können Sie wesentlich besser einschätzen, welche Bezüge zur Arbeitswelt Ihr Azubi bislang hatte und dann auch besser sein Verhalten und Handeln verstehen. Des Weiteren können Sie ihn oder sie wesentlich gezielter ansprechen und Arbeitsaufträge erteilen beziehungsweise Arbeitsschritte erklären. Durch einen offenen und direkten Austausch untereinander vermeiden Sie Missverständnisse sowie das Aufkommen von Vorbehalten und weiteren Problemen.

  • Was können Sie frühzeitig für diese Jugendlichen tun?

    Gerade für Jugendliche mit besonderen Förderbedarfen ist die schulische Berufsorientierung extrem wichtig. Hier können sie frühzeitig Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt erhalten, unabhängig von den Erfahrungen und Kenntnissen der Eltern beziehungsweise ihres privaten Umfelds.

    Damit die Berufsorientierung gelingen kann, sind Schulen auf engagierte Partner wie Ihren Betrieb angewiesen! Durch Betriebsbesichtigungen und das Gewähren von Schnupper-, Tages- oder Langzeitpraktika helfen Sie den jungen Menschen, erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu machen, ihre Berufswahl zu treffen. Ihr Vorteil: Sie lernen dabei selbst potenzielle Auszubildende kennen (Berufsorientierung) (Kooperation Schule-Betrieb).

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