„Es gibt regelmäßig einen Aha-Effekt“

Samira Nakhaeizadeh arbeitete mehrere Jahre als interne Unternehmensberaterin für verschiedene Konzerne. Später unterrichtete sie als Berufsschullehrerin Wirtschaftslehre, Deutsch, Deutsch als Fremdsprache und Computeranwendungen. Heute ist sie als Diversity-Trainerin, Beraterin und Dozentin selbstständig tätig. Bei der Erprobung des Trainingsprogramms „Stark für Ausbildung“ leitete sie zwei Präsenztermine des Moduls 5 „Geflüchtete in und durch Ausbildung integrieren“ an der IHK Ulm: die Auftaktveranstaltung im September 2018 und die Abschlussveranstaltung im November 2018.


  • Wie sind Sie mit dem Programm ‚Stark für Ausbildung‘ in Berührung gekommen?

    Als Berufsschullehrerin betreute ich Menschen mit Fluchthintergrund im berufsvorbereitenden Unterricht, um sie in Praktika und Ausbildungen zu bringen. Dabei arbeitete ich eng mit der Koordinierungsstelle für Flüchtlinge der IHK Ulm zusammen. Die IHK fragte deshalb bei mir an, ob ich Präsentationen und Vorträge zu den Themen Ausbildung und Menschen mit Fluchterfahrung halten und beim neuen Programm ‚Stark für Ausbildung‘ mitarbeiten möchte.

  • Was hat Sie motiviert, als Dozentin für das Projekt tätig zu werden?

    Zunächst hatte ich Bedenken, weil ich befürchtete, dass die inhaltliche Vorbereitung der Online- und Präsenzveranstaltungen zu zeitaufwendig sein würde. In den Gesprächen mit der IHK merkte ich aber, dass schon sehr viel Vorarbeit geleistet worden war, und mich überzeugte das Konzept. Also machte ich es.

  • Was war die größte Herausforderung?

    Es stand eine große Fülle an Material und Dokumenten zur Verfügung. Wenn frau das Konzept für ein Seminar nicht selbst entworfen hat, ist es immer viel Aufwand herauszufinden, was die dahinterstehende Message ist und was herüberkommen soll. Das Material war aber sehr gut und strukturiert aufbereitet, sodass ich es mir gut aneignen konnte. Dennoch war es aufwendig.

  • Wie konnten Sie sich das Konzept aneignen?

    Ich habe mich in die Rolle der Teilnehmenden versetzt, bin sämtliche Online-Module durchgegangen und stellte fest, dass das wirklich gut gemacht ist. Ich fand vieles wieder, was ich bereits kannte, vieles war auch neu, und es gab einen roten Faden. Als Dozentin ist es aber wichtig, selbst zu bestimmen, worauf sie den Schwerpunkt legen möchte – das hat immer auch mit dem eigenen Fokus zu tun. Bei mir ist es das Thema Interkultur. So konnte ich den roten Faden entsprechend aufgreifen und weiterspinnen. Hilfreich war, dass sehr viel vorgedacht, Wissen zusammentragen und qualitativ sehr gut aufbereitet worden war. Die deutsche Gründlichkeit ist eben allgegenwärtig (lacht).

  • Welche Erwartungen hatten die Teilnehmenden der Seminare?

    Sie kamen mit ganz konkreten Fragestellungen. Das geschieht nicht immer bewusst, sondern diese offenbaren sich oft erst nach und nach. Wer sich mit Menschen mit Fluchterfahrung beschäftigt, ist meist sehr empathisch und kennt sich in dem Thema bereits gut aus. In dem Material, das wir durcharbeiteten, fanden die Teilnehmenden sich deshalb häufig wieder. Wir versuchten, aus den vorhandenen Theorien Dinge für uns zu klären. Zum Beispiel, wie Kultur definiert wird und wie unterschiedlich kulturelle Hintergründe, Werte und Normen sein können. Fast jeder weiß selbst, wie ein Kulturschock im Ausland erlebt wird. Es gibt regelmäßig einen Aha-Effekt, wenn man dies darauf überträgt, was Menschen erleben, die zu uns kommen.

  • Wie war das Feedback?

    Das fiel gut aus, weil wir alle geplanten Themen behandeln konnten, was bei der Fülle des Materials nicht ganz einfach war. Sehr positiv war außerdem der Austausch der Gruppe untereinander, auch im Anschluss an die Seminare. Im zweiten Seminar besprachen zum Beispiel mehrere Teilnehmende, unter anderem die Vertreter der IHK Ulm, den Fall eines Azubis, bei dem das Unternehmen kurz vor der Auflösung des Ausbildungsvertrags stand. Das Problem konnte im Nachgang durch diverse Gespräche mit dem Azubi gemeinsam mit der IHK gelöst werden.

  • Was ließe sich am Konzept verbessern?

    Ich kann mir gut vorstellen, dass eine größere Gruppe von Teilnehmerinnen und Teilnehmern mehr in Kleingruppen arbeiten sollte, um den Austausch sicherzustellen, und dass die Dozentinnen und Dozenten auch darauf achten müssen, dass Diskussionen nicht in eine Endlosschleife münden. Andererseits ist den Teilnehmenden gerade ein intensiver Austausch untereinander wichtig. Hier gilt es das richtige Maß zu finden, ohne dass Personen im Austausch zu kurz kommen.

  • Ihr Tipp an Dozentinnen und Dozenten?

    Die Kunst ist, das Wesentliche aus dem Material herauszufiltern oder mit einem anderen Thema weiterzumachen, wenn die Teilnehmenden mit einem Thema nicht weiterkommen. Das ist nicht anders als in der Berufsschule. Und dazu ist wichtig, viel Material zur Verfügung und sich angeeignet zu haben.

 
 
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