Zunächst die gute Nachricht aus der Praxis: Die meisten Abiturientinnen und Abiturienten oder Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher, die sich für eine Berufsausbildung entschieden haben, sind äußerst motiviert. Sie sehen die Chancen für eine Neuorientierung und die Perspektiven, die ihnen ein Ausbildungsplatz bietet.
Doch kann es passieren, dass im Laufe der Ausbildung die Motivation nachlässt. Geringe Lern- und Leistungsmotivation erkennt man schnell: Jeder von Ihnen kennt die Situation, dass Ihr Azubi lustlos ist, nicht die erforderlichen Ergebnisse liefert, sich gerne mit allem anderen, nur nicht mit der Arbeit beschäftigt oder auf Arbeitsaufträge abweisend reagiert. Aber: All dies muss nicht zwingend seinen Grund in der vermeintlichen "Faulheit" des Azubis haben – hinter solchem Verhalten können auch ganz andere Ursachen stecken.
Es kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, wenn Ihr Azubi nicht die erwartete Leistung oder Lernbereitschaft zeigt. Bitte beachten Sie, dass die folgende Auflistung nur eine beispielhafte Auswahl darstellen kann:
Es gibt einige Möglichkeiten, Auszubildende zu mehr Lern- und Leitungsbereitschaft zu motivieren. Finden Sie heraus, welche Motivationsart am besten ankommt. Sind Jugendliche intrinsisch motiviert, lernen sie aus Interesse, Freude und persönlichem Bedürfnis heraus. Sind sie extrinsisch motiviert, geht es ihnen darum, beispielsweise gute Noten oder Lob und Anerkennung zu erlangen.
Azubis brauchen klare Ziele, die positive Emotionen hervorrufen und erreichbar sein müssen. Arbeit macht – wie alles im Leben – viel mehr Spaß, wenn man den persönlichen Nutzen erkennt.
Ein anderer Motivationsfaktor ist die Ausgestaltung der Ausbildungseinheiten: Wir Ausbilder und Ausbilderinnen kennen alle die Vier-Stufen-Methode. Die Erfahrung zeigt, dass die Stufe 1 im Bereich "Vorbereitung des Azubis" (Befangenheit nehmen, Kontakt herstellen, Interesse wecken, Zusammenhänge darstellen) oft zu kurz kommt. Dieser Bereich ist aber genau der, mit dem man junge Menschen "packen" und begeistern kann: Wer Lust auf die bevorstehende Tätigkeit hat, wird keine geringe Lern- oder Leistungsmotivation haben! Achten Sie aber auch darauf, diesen Bereich nicht nur bei der ersten Unterweisung, sondern auch bei den Trainingseinheiten immer wieder zu aktivieren. Handeln Sie nach dem Grundsatz, die Auszubildenden da abzuholen, wo sie stehen.
Versuchen Sie stets, die Ausbildung lebendig und aktiv zu gestalten. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Wissen zu vermitteln. Die bekannteste Methode ist der Frontalunterricht. Dessen Nachteil ist, dass die Azubis nicht aktiv in die Wissensvermittlung eingebunden sind. Im Betrieb ist dieser Unterricht mit einem langen Monolog zu vergleichen. Versuchen Sie deshalb häufiger, Ausbildungseinheiten zu wählen, die Ihre Azubis aktiv mit einbinden, beispielsweise durch entwickelnde Lehrgespräche, Gruppenarbeiten, die Projektmethode oder selbst abgewickelte Kundenaufträge.
Nutzen Sie die Potenziale der leistungsstarken Azubis und Studienabbrecher/-innen. Übertragen Sie ihnen angemessene Sonderaufgaben, delegieren Sie ihnen Unterstützungsmaßnahmen für schwächere Azubis, übergeben Sie ihnen Unterweisungsteile und Ausbildungsthemen, die sie aufgrund ihrer Reife und Vorerfahrung gut vermitteln können. Diese Maßnahmen können sehr motivierend sein und bringen (auch für die anderen Azubis) Abwechslung in den Ausbildungsalltag.
Neben der lernförderlichen Gestaltung der Ausbildungseinheiten gibt es aber auch grundsätzliche Möglichkeiten, Ihre Azubis zu mehr Lernbereitschaft und Leistung zu motivieren: "Man muss selbst brennen, um andere zu entzünden." Denn wer begeistert sich schon für etwas, was lust- und leidenschaftslos vermittelt wurde?
Klar ist jedoch: Sie können die Lern- und Leistungsmotivation Ihres Azubis nur in Grenzen beeinflussen. Ändert sich trotz aller Bemühungen Ihrerseits nichts, kann die Ursache vielleicht auch eine ganz andere sein. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Azubi und beobachten Sie ihn oder sie genau. Vielleicht können Sie sich gemeinsam der Ursache nähern und Abhilfe schaffen. Scheuen Sie sich nicht, auch externe Unterstützung einzubeziehen.