Kollege Hedayatullah

Auf einen Blick

Unternehmen: Wilhelm Cramer GmbH
Internetseite: www.cramer-edeka.de
Mitarbeiter: ca. 700


Die Burgdorfer Wilhelm Cramer GmbH bildet in ihren Edeka-Märkten syrische und afghanische Asylbewerber aus – und wirbt damit bei Mitarbeitern und Kunden für Toleranz und Offenheit. Für die vorbildliche Integration junger Flüchtlinge wurde die Firma nun mit dem Branchenpreis „Ausbilder des Jahres“ ausgezeichnet.

Eine ältere Kundin scheint den jungen Mann mit dem gepflegten Vollbart schon länger zu kennen. „Hallo, Herr Bashiri“, lächelt sie ihn an, „wie geht es Ihnen?“ Er freut sich und lächelt zurück: „Gut, danke.“ Hedayatullah Bashiri ist seit dem 1. August 2016 Auszubildender bei Edeka Cramer in Ehlershausen, einem Ortsteil der niedersächsischen Stadt Burgdorf bei Hannover. Der 24-jährige Afghane ist erst seit einem Jahr in Deutschland, spricht aber schon gut Deutsch. „Ich verstehe fast alles, aber manchmal ist es schwierig, meine Meinung richtig zu sagen.“ Hedayatullah Bashiri hatte ein vierjähriges Studium der Volkswirtschaft mit Diplom abgeschlossen und war dann vor Krieg und Gewalt in seiner Heimat geflüchtet. Jetzt will er Verkäufer werden und später vielleicht einmal in der Marktleitung bei Edeka Cramer arbeiten.

Das 1947 gegründete Familienunternehmen Wilhelm Cramer GmbH betreibt heute sechs Edeka Center und zwei Supermärkte rund um Burgdorf mit insgesamt 750 Mitarbeitern. Weil die Firma junge Asylbewerber ausbildet und damit einen Beitrag zu deren Integration in die Gesellschaft leistet, wurde sie am 15. September 2016 vom Fachmagazin „Lebensmittel Praxis“ im Rahmen des renommierten Branchenpreises „Ausbilder des Jahres“ mit einem Sonderpreis für vorbildliche Eingliederung von Flüchtlingen ausgezeichnet. Inga Ali, gemeinsam mit Vater Jürgen und Bruder Sebastian Cramer in der Geschäftsführung, sagte bei der Preisverleihung auf dem Drachenfels bei Bonn: „Wir als gesamtes Unternehmen erfahren durch die Integrationsarbeit mehr Toleranz anderen gegenüber, Geduld im Umgang mit neuen Mitarbeitern und mehr Offenheit für das Thema Flüchtlingspolitik in Deutschland.“

Deutsche Sprache als Schlüssel zum Erfolg

Zwei Flüchtlinge, neben Hedayatullah Bashiri noch ein anderer Afghane, absolvieren gerade eine Ausbildung, ein dritter arbeitet seit November 2015 in einer Bäckerei des Betriebes. Zudem sind derzeit drei syrische Flüchtlinge als Aushilfen angestellt. Treibende Kraft hinter diesem Engagement ist Mitinhaberin Inga Ali, die selbst mit einem Somalier verheiratet ist. Ihren Mann Mohammed hatte sie während eines längeren Auslandsaufenthalts in den USA kennengelernt. „Es ist mir ein Anliegen, um Verständnis für Ausländer zu werben und Raum für unterschiedliche Kulturen zu schaffen.“ Das wird nicht nur von den meisten Kunden der Cramer-Märkte geschätzt, sondern auch von ihren Mitarbeitern – vor allem natürlich von den beschäftigten Flüchtlingen.

Deshalb nimmt Hedayatullah Bashiri seine Chance ernst. Weil er weiß, dass der Schlüssel für seinen Erfolg das unablässige Lernen der deutschen Sprache ist, bringt er sich nach dem Kurs in der Sprachschule Deutsch auch selber bei – „über das Internet und das deutsche Fernsehen“. Sein Mentor Mario Will, Marktleiter von Edeka Cramer in Ehlershausen, ist beeindruckt. „Das klappt schon sehr gut“, sagt Will, „und weil er außerordentlich freundlich zu unseren Kunden ist, macht das seine noch vorhandenen Sprachschwierigkeiten leicht wieder wett.“ Sein größtes Problem sei im Moment noch die Sprechgeschwindigkeit in der Berufsschule, aber dort bekomme er Hilfe von den anderen Azubis. Mario Will: „Bei seinem Engagement wird er auch das schaffen, da bin ich mir sicher.“ Es freut ihn, dass sein Schützling so fleißig für die Berufsschule lernt. „Und wenn er mal nicht weiterkommt, unterstützen ihn eben unsere beiden anderen Auszubildenden.“

Hilfe und Unterstützung von allen Seiten

Die Wilhelm Cramer GmbH hat für ihre Flüchtlingsarbeit im „Burgdorfer Mehrgenerationenhaus“ einen verlässlichen Partner gefunden. Dort leben Menschen verschiedenen Alters aus unterschiedlichen Milieus zusammen, die sich ehrenamtlich um die Integration von Migranten kümmern, zum Beispiel als Paten oder Sprachlehrer. Weil es auch einen direkten Draht zur örtlichen Arbeitsagentur gibt, weiß man im „Mehrgenerationenhaus“, wann ein Flüchtling dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und vermittelt werden kann – für ein Praktikum, ein Einstiegsqualifizierungsjahr (EQJ) oder, bei ausreichender sprachlicher Eignung, für eine Ausbildung. Rechtliche Fragen wie Status oder Arbeitserlaubnis sind dann bereits geklärt.

Derzeit sucht Hedayatullah Bashiri eine Wohnung. „Auch wir versuchen ihm dabei zu helfen“, sagt Kerstin Bastek, stellvertretende Marktleiterin in Ehlershausen, „denn die Zustände im Heim sind für einen Azubi einfach nicht zumutbar.“ Weil er dort keine Möglichkeit habe, sich in Ruhe zurückzuziehen und zu lernen, könne er das ungestört nur nachts. „Das hält er auf Dauer aber sicherlich nicht durch.“
Initiativen wie die in Burgdorf werden von der Edeka-Gruppe, die auch mit eigenen Projekten geflüchtete Menschen auf der Suche nach Arbeits- und Ausbildungsplätzen unterstützt, durchaus wohlwollend begleitet. „Für uns kommt es nicht auf die Herkunft an, sondern auf Engagement, soziale Kompetenz und die Lust auf Bildung“, heißt es dort, „erst die Vielfalt unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter macht Edeka stark.“

 
 
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