Stolz auf "unsere Jungs"

Auf einen Blick

Unternehmen: Reuther STC GmbH, Fürstenwalde/Spree
Internetseite: http://reuther-stc.com
Mitarbeiter: ca. 250


Praxisbeispiel

Gerold Brunken hatte es selbst zu Fuß nicht weit, um gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Der Personalchef der Reuther STC GmbH in Fürstenwalde an der Spree wollte einerseits dringend benötigten Nachwuchs für sein mittelständisches Unternehmen qualifizieren, andererseits aktiv bei der Integration junger Asylbewerber in der brandenburgischen Kleinstadt mit über 30 000 Einwohnern zwischen Berlin und Frankfurt/Oder helfen.

Also lief Brunken zur benachbarten Sammelunterkunft für Flüchtlinge, die die Gesellschaft für Arbeit und Soziales (GefAS) betreibt. "Wir hatten im Frühjahr 2015 ein Pilotprojekt gestartet, um Asylbewerber mit beruflichen Vorerfahrungen innerhalb von drei Monaten in den Grundlagen der Schweißtechnik auszubilden", sagt Brunken. Vier von ihnen sind heute fest angestellt als Schweißer oder Produktionshelfer. "Uns war schnell klar, dass wir bei Erfolg dieses Pilotprojekts jungen Flüchtlingen auch dreieinhalbjährige Ausbildungen zum Anlagenmechaniker anbieten werden", sagt Gerold Brunken. "Mir kommt es auf die richtige Einstellung an – wo die Leute herkommen, ist zweitrangig."

Derzeit sind vier junge Asylbewerber bei Reuther STC in der Ausbildung, drei aus Kamerun und Kenia zum Anlagenmechaniker und einer aus Pakistan zur Fachkraft für Lagerlogistik. Der 31-jährige Arfan Hussein kommt aus dem pakistanischen Dorf Pannu Atari, hat dort schon als Klempner gearbeitet und ist seit 2013 in Deutschland. In Fürstenwalde hat er bereits Fuß gefasst, "allerdings vermisse ich meine Familie in Pakistan doch sehr". Er wohnt mit seiner Freundin zusammen, die er hier gefunden hat und zu deren Familie er einen engen Kontakt pflegt. "Der Alltag stellt mich vor keinerlei Probleme", erzählt Arfan, er habe schon viele Fürstenberger kennengelernt, vor allem im Fitnessclub, den er regelmäßig besucht.

Auch mit der Verständigung klappe es immer besser, sagt er, "über ein Förderprogramm bekomme ich noch regelmäßig Deutschunterricht". In der Berufsschule stolpert er zwar noch häufig über deutsche Fachbegriffe, aber da kann er sich auf die Unterstützung deutscher Freunde und Kollegen verlassen. "Und die Lehrer geben mir immer Zeit, bis ich mit meinen schriftlichen Arbeiten fertig bin." Arfans Ausbilder Jörg Erdmann, der sein erster Ansprechpartner und Mentor ist, erkundigt sich regelmäßig in der Schule, wie es läuft oder ob es Probleme gibt, bei denen er behilflich sein kann.

Aber die gibt es so gut wie nicht. Auch im Betrieb kaum, hier und da mal ein kleines, aber das ist normal. "Da läuft es sehr gut", sagt Personalchef Brunken, "größere Konflikte hatten wir noch nicht – unsere Jungs haben eine tolle Einstellung, sie sind fleißig, lernbegierig und höflich." Und falls es "draußen" mal Schwierigkeiten geben sollte, "bieten wir unsere Unterstützung an". Außerdem können sich die jungen Flüchtlinge jederzeit weiterhin an die GefAS wenden, wenn sie Hilfe zum Beispiel bei Behördengängen brauchen. "Unsere Ressourcen sind zwar begrenzt", sagt Brunken, "aber auch wir helfen, wo wir können." Denn die Azubis sollen wissen, dass die Firma hinter ihnen steht – schließlich will man sie hier halten und später, wenn irgend möglich, übernehmen.

Damit sie ihre Ausbildung auch erfolgreich absolvieren können, hat die Reuther STC die dafür in Frage kommenden Asylbewerber vorher getestet. "Die GefAS hatte mehrere Kandidaten ausgesucht und vorgeschlagen", erzählt Gerold Brunken, "und wir haben dann anhand verschiedener Kriterien eine Vorauswahl getroffen – ob sie zum Beispiel die richtige Einstellung zu diesem Beruf haben und sie später auch in diesem Beruf arbeiten wollen." Dann kamen ein Mathe- und ein Deutsch-Test hinzu, und am Ende mussten sie in der Praxis eine Woche lang ihre handwerklichen Begabungen im Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungsbildungszentrum unter Beweis stellen. Bevor die Ausbildung im September 2016 begann, wurde noch ein sechsmonatiges Praktikum vorgeschaltet, das von der Bundesagentur für Arbeit als Einstiegsqualifizierung gefördert wurde und für das die Firma noch einmal rund 10 000 Euro investierte – für Ausbilder, Betreuer und weitere Deutsch- und Mathe-Kurse. "Wir wollten Sicherheit für die Azubis und uns", sagt Personalchef Brunken, "denn ein Abbruch der Ausbildung ist immer ärgerlich für beide Seiten."

Nun bekommen Arfan und seine drei Kollegen Bernard, Ben und Cellestino aus Kamerun und Kenia die normale Ausbildungsvergütung, außerdem weitere Lernhilfen in Deutsch und Mathe, die während ihrer Ausbildung über die Arbeitsagentur laufen. Neben Arfan haben auch die drei anderen bereits eigene kleine Wohnungen in Fürstenwalde, und es sieht ganz danach aus, als ob sie sich hier eingerichtet und eine neue Heimat gefunden hätten.

Für ihr vorbildliches Engagement ist die Firma bereits mehrfach mit Preisen für Integration ausgezeichnet worden. Im Frühjahr 2016 reisten sogar Brandenburgs Arbeitsministerin Diana Golze und Wirtschaftsminister Albrecht Gerber nach Fürstenwalde, um sich vor Ort ein Bild machen zu können.

 
 
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