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Prüfungsangst

  • Lampenfieber ist nichts Außergewöhnliches

    Als unsere Vorfahren auf die Jagd gingen, lief der Büffel nicht immer weg. Manchmal drehte er sich auch um und rannte auf die Jäger zu. Was jetzt?! Blitzschnelles Checken: Bin ich noch Jäger – oder schon Gejagter? Ist ein Speer zur Hand - oder bleibt nur die Flucht?

    Prüfungsangst funktioniert auf ganz ähnlicher Frequenz: Ein Hormoncocktail bringt uns in einen "Kampf-oder-Flucht-Zustand". Wir stehen wie unter körpereigenen Drogen. Die Gedanken drehen sich immer stärker darum, dass Teile des Gelernten verschwinden und eine negative soziale Reaktion erfolgen könnte. Dahinter steht die Angst, zu versagen, etwas nicht (mehr) zu wissen, sich vor anderen Menschen zu blamieren. Es kann auch eine soziale Phobie vorliegen; man spricht dann von "sozialer Bewertungsangst". Mehr als der Hälfte der Deutschen ist es zuwider, vor Publikum in der Öffentlichkeit zu sprechen – Lampenfieber ist nichts Außergewöhnliches.

    Je schwerer Azubis das Lernen fällt, je leichter sie in Aufregung geraten, desto größer wird ihre Angst, in der Prüfung zu versagen.

  • Prüfungsangst: Tipps zum Umgang mit Symptomen

    Körperliche Symptome bei Prüfungsangst sind individuell verschieden. Hier eine kurze Auflistung und Tipps zum möglichen alltagspraktischen Umgang:

    • Herzklopfen, Pulsrasen: Mehrfach bewusst langsam ein- und ausatmen, die Muskulatur bewusst an- und entspannen.
    • trockener Mund: Getränkeflasche und kleine Pastillen oder Lutschbonbons einstecken.
    • belegte oder zittrige Stimme: Bewusst einen Ton tiefer ansetzen als üblich und bewusst atmen.
    • zitternde Hände: Einen Stift in die Hand nehmen, gestikulieren.
    • Schweißausbrüche: Kleidung tragen, bei der keine Flecken zu sehen sind (vorzugsweise weiß).
    • rot werden, rote Flecken in Gesicht und am Hals: Dezent schminken (passenden Farbton beachten).
    • Muskelverspannung: Körperpartien ausschütteln, massieren, dehnen.
    • Nervosität: Von zehn an langsam rückwärts zählen, sich bewusst an etwas Positives erinnern (etwa eine schöne Situation im Urlaub) und einen positiven Gedanken vorbereiten und darauf konzentrieren ("Ich schaffe das!").
  • Das direkte Gespräch suchen

    Als Experten/-innen für die Ausbildung dürfen wir uns von Prüfungsangst unserer Azubis nicht aus dem Konzept bringen lassen. In offener, vertrauensvoller Weise stehen wir mit unseren Auszubildenden im Kontakt. Das sollte gerade der Fall sein, wenn sie bei Tests in der Berufsschule oder auch bei der Vorbereitung auf die Zwischenprüfung anders wirken als sonst oder generell sehr ruhig und zurückhaltend sind.

    Mögliche Strategien bei Nervosität und Aufregung sollten wir frühzeitig ansprechen, etwa mit Fragen wie:

    • "Was hat dir in der Schule geholfen, eine Prüfung abzulegen?"
    • "Was machen deine Freunde und Freundinnen, wenn eine Prüfung ansteht?"
    • "In welchen Fächern fällt es dir leichter, in die Prüfung zu gehen?"
  • Prüfungsangst als Warnsignal: Was kann das ausbildende Unternehmen tun?

    Fällt Ihnen bei mehreren Azubis eine starke Unsicherheit vor der Zwischen- oder Abschlussprüfung auf, dann kann das auch ein Hinweis auf einen nicht gelungenen Ausbildungsablauf oder eine ungenügende Prüfungsvorbereitung sein. Fassen Sie sich an die eigene Nase. Checken Sie Methodik und Didaktik Ihrer Ausbildung.

    Ziehen Sie Kollegen hinzu und überlegen Sie gemeinsam, wie Sie die Ausbildung weiter verbessern können. Auch wenn Ihr Ansatz 20 Jahre lang erfolgreich war, kann es sein, dass er bei diesem einen Azubi nicht hilfreich ist - oder dass sich die junge Generation insgesamt so verändert hat, dass das formal gute Konzept nicht mehr passt.

    Sammeln Sie auch Ideen Ihrer Azubis, wie sie sich besser auf die Prüfung vorbereitet fühlen und was sie selbst tun können, um die Prüfung gut zu bestehen.

  • Chancen durch Peer Teaching und Projektarbeit

    Sicher kennen Sie es auch, dass der kurze Hinweis einer befreundeten Kollegin mitunter mehr bringt als ein langer Vortrag des Vorgesetzten. Nutzen Sie dies auch bei Ihren Azubis. Lassen Sie sie miteinander lernen, üben, vorbereiten und stehen Sie im Bedarfsfall zur Verfügung. Lassen Sie sie einander Tipps geben und für die anstehenden Prüfungen anspornen. Seien Sie dabei aber trotzdem aufmerksam gegenüber Gruppendynamiken, die dadurch entstehen könnten.

    Welche der nächsten Ausbildungseinheiten können Sie mit Projektarbeit oder auch mit verstärkter Teamarbeit der Azubis realisieren? Projektarbeit kann den positiven Nebeneffekt haben, dass das fachliche Selbstbewusstsein steigt. Austausch und Zusammenarbeit sind dabei die Basis. Legen Sie Aufgaben so an, dass es nötig ist, einander zu unterstützen. Gerade bei der Vorbereitung auf die Zwischen- und Abschlussprüfung sollten Sie kleine Lernteams oder Tandems bilden lassen. Lassen Sie die Auszubildenden sich selbst einschätzen – die eigene Person und auch gegenseitig. Führen Sie sie so an die Unterschiedlichkeit von Selbst- und Fremdwahrnehmung heran.

    Sicher gibt es in Ihrem Unternehmen auch Kollegen/-innen, die selbst vor Kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Oft können diese jungen Fachkräfte die Azubis in anderer Sprache und auf Augenhöhe ansprechen.

  • Strukturen schaffen und Sicherheit vermitteln

    Struktur gibt Sicherheit. Dieses Wissen gilt im Vorfeld von Prüfungen besonders für Menschen, die sich am meisten stressen. Vermitteln Sie Sicherheit. Achten Sie auf einen klaren und transparenten Aufbau und Ablauf der Ausbildung. Strukturieren Sie. Entwerfen Sie eine Übersicht über die gesamte Ausbildung mit allen Themenfeldern. Hängen Sie diese Übersicht groß und farbig an prominenter Stelle auf. So werden ihre Azubis an das bisher Gelernte erinnert und sie sehen, welche Inhalte als Nächstes anstehen.

    Simulieren Sie regelmäßig Prüfungen. Lassen Sie Azubis bei Prüfungen hospitieren, damit sie sich vom genauen Prüfungsablauf ein Bild machen können. Laden Sie Prüfer/-innen ein, damit sie ihren Azubis schon bekannt sind. Befragen Sie die Prüfer/-innen in der Azubi-Runde, worauf sie bei den Prüfungen Wert legen und welches ihre Beurteilungskriterien sind. Lassen Sie die Azubis sich gegenseitig prüfen und damit auch in die Rolle eines Prüfers wechseln. Entwickeln Sie gemeinsam klare und verständliche Beurteilungskriterien.

    Tipps und Tricks, um die innere Ruhe bewahren

    • Vorbereitung: Welcher Wissensstoff wird geprüft? Wie viel Zeit gibt es zur eigenständigen Wiederholung und Vorbereitung? Wie viel private Lernzeit pro Tag ist realistisch? Wie können ihre Azubis sich überwinden (als eigenen Anreiz besser zweimal 20 Minuten mit einer Pause dazwischen statt einer Stunde ohne Unterbrechung)? Wie können sie sich selbst daran erinnern (Handyalarm)? Womit belohnen sie sich?
    • Atmung: Direkt vor der Prüfung ist eine Phase der Atemtechnik eine enorme Unterstützung, um die Ruhe und Konzentration zu behalten. Ruhige Atmung entspannt den gesamten Körper und hilft, das Adrenalin zu verarbeiten.
    • Einstieg: Bei der Prüfung mit den Themen beginnen, bei denen ihr Azubi sich sicher fühlt.
    • Positives Denken und Autosuggestion: Ein Spruch am Kühlschrank oder neben dem Bett kann aufkeimende (Selbst-)Zweifel dämpfen, zum Beispiel "Ja, ich schaffe das!", "Yes, we can!" oder "Du hast gut gelernt, du kannst die Prüfung meistern!".
    • Rituale: Der Erste steckt sich einen kleinen vertrauten Gegenstand als Talisman in die Hosentasche, die Zweite betet und ein anderer geht abends eine Stunde zeitiger ins Bett – Rituale geben Sicherheit.
    • Aufregung akzeptieren: Etwas Lampenfieber kann auch eine Steigerung der Konzentration mit sich bringen. Manchen Azubis gelingt es, sich mit den körperlichen Reaktionen anzufreunden. Diese zeigen ja auch: Mir ist die Prüfung wichtig, mir ist die Ausbildung wichtig, ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst und ich möchte den Erwartungen der Menschen entsprechen, die mir vertrauen.
  • Hier finde ich Hilfe: Informationen, externe Unterstützungs- und Beratungsangebote

    • Tipps gegen Lampenfieber von und für Profis: www.redenwelt.de/rede-tipps/lampenfieber
    • Tipps für mündliche und schriftliche Prüfungen von zwei Experten der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung: http://psydok.psycharchives.de/jspui/bitstream/20.500.11780/105/1/Litzcke_PrAngst.pdf
    • Informationen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zur Prüfungsangst bei Auszubildenden mit besonderen Förderbedarfen: www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/download/id/872
    • Außerdem gibt es ausbildungsbegleitende Hilfen und Prüfungsvorbereitungskurse von IHKs, Handwerkskammern und Bildungsträgern sowie Unterstützung durch ehrenamtliche Ausbildungsbegleiter/-innen (etwa durch die Initiative VerA – Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen, http://vera.ses-bonn.de).
    • Auszubildende mit Beeinträchtigungen können für die Prüfungen einen Nachteilsausgleich beantragen und erhalten somit mehr Zeit.
 
 
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