"Ich bin einfach nur dankbar"

Auf einen Blick

Unternehmen: BÜFA GmbH & Co KG, Oldenburg
Internetseite: http://www.buefa.de
Mitarbeiter: ca. 430


Praxisbeispiel

Der Syrer Mohammad Al Sbih Al Mohamed kam im Sommer 2014 nach Deutschland. Er hatte in Damaskus ein Wirtschaftsstudium begonnen, floh dann aber mit seinen Eltern und vier Geschwistern vor Krieg und Gewalt nach Jordanien, von wo er allein weiterzog über Algerien nach Libyen. Nach seiner Ankunft im Land seiner Träume verschlug es den heute 26-Jährigen nach Niedersachsen. Dort lernte Mohammad über seine Gastmutter den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer Werner zu Jeddeloh kennen, der ihn fragte, was er sich beruflich vorstellen könnte. "Etwas mit Chemie", antwortete ihm der junge Syrer, "in diesem Schulfach war ich sehr gut." Und Werner zu Jeddeloh, heute Ruheständler und Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins "pro:connect", der Arbeitgeber und Flüchtlinge zusammenbringt, vermittelte Mohammad an die Oldenburger Chemie-Firmengruppe BÜFA, dessen Geschäftsführer er bis 2014 war.

Bei der BÜFA, ein vor mehr als 130 Jahren gegründetes Familienunternehmen mit hohen sozialen Ansprüchen, konnte Mohammad kurz darauf in ein sechsmonatiges Praktikum im Laborbereich einsteigen. Er hatte, als er in Deutschland angekommen war, unverzüglich begonnen, Deutsch zu pauken. "Ich habe jeden Tag viele Stunden gelernt", berichtet er, "mir war klar, dass ich nur eine Zukunft habe, wenn ich die Sprache kann." Seit dem 1. August 2016 macht er nun eine Ausbildung zum Chemielaboranten. Zum Auftakt der Lehrzeit wurden, wie es bei der BÜFA üblich ist, alle Azubis für 14 Tage in die Jugendbildungsstätte Theodor Wuppermann e. V. auf die ostfriesische Insel Juist geschickt.

"Dort leben sie zusammen und lernen sich kennen", sagt Rainer Krause, Leiter Personalmanagement. Und probieren sich aus in Projekten, die unter bestimmten Themen stehen, Vielfalt zum Beispiel. "Ob Theater, Film, Foto oder Literatur – sie entwickeln etwas, allein oder in Gruppen, und tragen es den anderen vor", erzählt BÜFA-Ausbildungsleiterin Sabine Hinrichs, "da kommen wunderbare Dinge heraus." Und sie dürfen sich von Profis in Sportarten wie Brandungspaddeln oder Bogenschießen unterweisen lassen. "Die jungen Leute übernehmen Verantwortung, gehen über eigene Grenzen und erleben sich und die anderen vollkommen neu", weiß Rainer Krause, "das schweißt zusammen, da werden Klischees, Vorurteile und Ängste auf der Insel zurückgelassen." Die Wertschätzung füreinander, die die Azubis dort erfahren haben, befördere auch die Teamarbeit in der Firma. Der Juist-Aufenthalt hat Mohammad verändert: "Er ist offener geworden, grüßt jetzt überall und traut sich mehr zu sprechen", sagt der Personalchef, "er hat einfach Selbstbewusstsein getankt."

Ein junger Ausbildungsbeauftragter der BÜFA kümmert sich um Mohammad auch über den Beruf hinaus und trifft sich mindestens einmal im Monat abends privat mit ihm. Mittlerweile hat der syrische Azubi eine kleine Wohnung in Oldenburg und bereits einige Freundschaften geschlossen. Neben dem Wunsch, nach der Ausbildung übernommen zu werden, hat er noch einen: "Dass die Kolleginnen und Kollegen hier mehr über unsere Kultur erfahren." Personalleiter Krause will ihm einen solchen Termin ermöglichen. Darauf bereitet sich Mohammad nun vor, vor allem sprachlich. Leider könne er Deutsch noch nicht so perfekt, wie er es einmal sprechen will. "Ich bin einfach nur dankbar", sagt er. "Die Menschen hier sind alle so hilfsbereit und freundlich." Deshalb wolle er umgekehrt so schnell wie möglich etwas zurückgeben.

Rainer Krause, der selbst und mit der Firma Mitglied im Oldenburger Verein "pro:connect" ist, will natürlich noch weitere Flüchtlinge ausbilden, Vorstellungsgespräche für 2017 werden bereits geführt. Ausbilder und andere interessierte Mitarbeiter sollen darauf mit interkulturellen Trainings vorbereitet werden. Gerade hat das Unternehmen den Sonderpreis "Flüchtlingsprojekt" erhalten, den die "Nordwest-Zeitung" mit dem Preis für Innovative Ausbildung (PIA) vergibt. Und im März 2016 war Krause auf Einladung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Berlin, um beim Start des auf Initiative des DIHK entstandenen bundesweiten Netzwerks "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" über seine Erfahrungen zu berichten.

 
 
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